ChatGPT, steuere mir meinen Teilchenbeschleuniger!

Ein erster Schritt in eine Zukunft, in der komplexe wissenschaftliche Anlagen einfach per Spracheingabe optimiert werden

13.02.2025
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Denken Sie auch manchmal: „Ich frage mich, was ChatGPT dazu sagt“? Mittlerweile ist es für viele Themen und Probleme üblich, Künstliche Intelligenzen (KI) zu befragen. Wissenschaftler von DESY und der Universität Hamburg haben diese Frage jetzt für die Steuerung von Beschleunigern gestellt und herausgefunden, dass ChatGPT dabei helfen kann, diese Anlagen zu bedienen. Ihre Arbeiten veröffentlichten sie kürzlich im Fachblatt Science Advances.

In der Physik wird häufig maschinelles Lernen verwendet, um bestimmte Routinen oder Aufgaben zu automatisieren. Eine hochattraktive Anwendung in der Beschleunigerphysik ist es, Teilchenbeschleuniger in Echtzeit so abzustimmen, dass sie stets die beste Leistung erzielen. Eine Forschungsgruppe um DESY-Wissenschaftler Jan Kaiser hat nun gezeigt, wie dies mit einer besonderen Art des maschinellen Lernens möglich ist – mit Hilfe von „großen Sprachmodellen“ (Large Language Models, LLMs). Diese KI-Programme, die auch beliebten Chatbots wie ChatGPT zugrunde liegen, beruhen auf dem Training mit riesigen Datenmengen (daher das Large im Namen) und können menschliche Sprache erkennen, interpretieren und generieren.

Das Team experimentierte mit 14 verschiedenen LLMs und setzte sie bei der Steuerung von ARES, einem experimentellen Elektronenbeschleuniger bei DESY ein. Die Aufgabe: fünf Magnete so einstellen, dass sie die den Elektronenstrahl von ARES optimal fokussieren und lenken. Statt aber die Anforderungen zu „kodieren“, beschrieben die Wissenschaftler:innen den LLMs das Problem in natürlicher Sprache. Diese schlugen daraufhin vor, wie die fünf Abstimmungsparameter aufs Genaueste einzustellen sind, und erklärten, was diese Werte jeweils bewirken würden.

„Wir waren total überrascht, wie gut einige LLMs das Problem lösen konnten“, sagt Kaiser. „Noch faszinierender ist allerdings, dass sie dabei nicht einmal wissen müssen, dass sie einen Teilchenbeschleuniger bedienen. Das bedeutet, dass LLMs theoretisch jede Art von Optimierungsproblem lösen können und unser Ansatz weit über die Beschleunigerphysik hinaus relevant ist“

Natürlich fanden die Forschenden auch noch Hürden bei ihren „Proof of concept“-Untersuchungen. „Wie bei menschlichen Operateuren auch muss man dem richtigen LLM die richtige Frage stellen, um eine gute Lösung zu erhalten“, sagt Annika Eichler (DESY und TU Hamburg), deren Fachgruppe für die intelligente Steuerung von Beschleunigersystemen mit KI zuständig ist. Der Rechenaufwand und damit die Umweltbelastung zur Lösung solcher Probleme sind zurzeit beträchtlich, außerdem bleiben die Systeme im Moment noch hinter denen anderer spezialisierter Methoden zurück. So könnten LLMs vorerst wohl eher als beratende „Kopiloten“ in Beschleunigerkontrollräumen dienen.

„Nichtsdestotrotz stellt unsere Arbeit einen wichtigen ersten Schritt in Richtung einer Zukunft dar, in der komplexe und hochrelevante wissenschaftliche Anlagen betrieben werden können, indem man einfach in natürlicher Sprache nach dem gewünschten Ergebnis fragt“, sagt Eichler.

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