Kalte Atome machen Mikrowellenfelder sichtbar
Die moderne drahtlose Kommunikation beruht auf der Übertragung von Informationen mit Radiofrequenzwellen und Mikrowellen. Integrierte Mikrowellenschaltkreise, die in Geräten wie Mobiltelefonen und WLAN-fähigen Laptops zu finden sind, dekodieren und verarbeiten dabei die Information. Zur Entwicklung solcher Schaltkreise werden Computersimulationen eingesetzt. Da moderne Schaltkreise eine sehr große Zahl von Komponenten enthalten, können Mikrowellenfelder indes nur annähernd simuliert werden. Letztendlich sind Messungen nötig, um Gewissheit über Funktion und eventuelle Störungen zu erhalten.
Um die Mikrowellenschaltkreise gezielt zu überprüfen und zu verbessern, möchte man idealerweise sämtliche Komponenten der Mikrowellenfelder direkt und mit möglichst hoher Ortsauflösung abbilden. Bei den bisher üblichen Verfahren wurde das zu vermessende Feld dazu Punkt für Punkt abgerastert, was einige Zeit in Anspruch nahm. Die meisten Verfahren konnten dabei lediglich die Amplituden, nicht aber die Phasen der Mikrowellenfelder messen. Weitere Probleme bestanden darin, dass das zu vermessende Feld durch die Verwendung von makroskopischen Sonden leicht gestört werden konnte und die Ortsauflösung relativ gering war.
Atome als Sensor für Mikrowellen
Eine Gruppe von Wissenschaftlern um Prof. Dr. Philipp Treutlein (Universität Basel) und Prof. Dr. Theodor W. Hänsch (Max-Planck-Institut für Quantenoptik und Ludwig-Maximilians-Universität München) hat nun eine neue Methode zur Abbildung der Magnetfeldkomponenten von Mikrowellen entwickelt. Als Sonden für das Mikrowellenfeld verwenden sie kleine Wolken von ultrakalten Atomen, die sie zunächst mithilfe von Methoden der Laserkühlung auf Temperaturen von wenigen Millionstel Grad über dem absoluten Nullpunkt abkühlen. Bei diesen Temperaturen unterliegen die Atome den Gesetzen der Quantenphysik und reagieren sehr empfindlich auf angelegte äußere Felder, was sie zu idealen Sensoren macht. Mithilfe von statischen Magnetfeldern werden die Atome am gewünschten Ort über dem Mikrowellenschaltkreis positioniert und das zu vermessende Mikrowellenfeld wird angelegt.
«Die Atome ändern ihren inneren Zustand, wenn sie sich in einem Mikrowellenfeld befinden», erklärt Pascal Böhi, der die Methode im Rahmen seiner Doktorarbeit mit entwickelt hat. «Diese Zustandsänderung können wir mit einer CCD-Kamera mit hoher Ortsauflösung abbilden. Je schneller sich der Zustand an einem gegebenen Ort ändert, desto stärker ist das Mikrowellenfeld dort.»
Eine Besonderheit der neuen Methode ist, dass das Mikrowellenfeld nicht mehr Punkt für Punkt abgerastert werden muss, sondern dass sich in einer einzigen Messung bereits ein komplettes Bild einer Feldkomponente in einer Ebene aufnehmen lässt. Dies beschleunigt die Aufnahme der Daten erheblich. Außerdem ermöglicht die Technik nicht nur eine Rekonstruktion der Amplituden, sondern auch eine der Phasen des Mikrowellenfeldes. Da die Atome mikroskopisch klein sind, stören sie zudem den zu vermessenden Mikrowellenschaltkreis im Gegensatz zu makroskopischen Messköpfen nicht. Die neue Methode kann bei unterschiedlichen Frequenzen im Gigahertz-Bereich verwendet werden.
Zum Patent angemeldet
«Um von der ersten Umsetzung im Labor hin zu kommerziellen Anwendungen zu kommen, ist natürlich noch weitere Entwicklungsarbeit nötig», so Projektleiter Philipp Treutlein. Allerdings wurde vor Kurzem bereits ein sehr kompakter und portabler Aufbau für Experimente mit ultrakalten Atomen realisiert, der für solche Anwendungen interessant sein könnte. Die Apparatur selbst arbeitete bei Raumtemperatur, lediglich die Atome in ihr werden mithilfe von Lasern abgekühlt, was nur wenige Sekunden in Anspruch nimmt. Die wesentlichen Komponenten solcher Aufbauten sind mittlerweile kommerziell erhältlich. Wegen der potenziellen Anwendungen haben die Wissenschaftler ihre neue Methode zur Abbildung von Mikrowellenfeldern zum Patent angemeldet.
Originalveröffentlichung: Pascal Böhi, Max F. Riedel, Theodor W. Hänsch, and Philipp Treutlein; Imaging of microwave fields using ultracold atoms"; Applied Physics Letters 97, 051101, issue of 2 August 2010
Weitere News aus dem Ressort Wissenschaft
Diese Produkte könnten Sie interessieren
Meistgelesene News
Weitere News von unseren anderen Portalen
Verwandte Inhalte finden Sie in den Themenwelten
Themenwelt Sensortechnik
Die Sensortechnik hat die chemische Industrie revolutioniert, indem sie präzise, zeitnahe und zuverlässige Datenbereitstellung in einer Vielzahl von Prozessen ermöglicht. Vom Überwachen kritischer Parameter in Produktionslinien bis hin zur Früherkennung potenzieller Störungen oder Gefahren – Sensoren sind die stillen Wächter, die Qualität, Effizienz und Sicherheit gewährleisten.
Themenwelt Sensortechnik
Die Sensortechnik hat die chemische Industrie revolutioniert, indem sie präzise, zeitnahe und zuverlässige Datenbereitstellung in einer Vielzahl von Prozessen ermöglicht. Vom Überwachen kritischer Parameter in Produktionslinien bis hin zur Früherkennung potenzieller Störungen oder Gefahren – Sensoren sind die stillen Wächter, die Qualität, Effizienz und Sicherheit gewährleisten.