Elektronik aus  Plastik

Deutscher Zukunftspreis 2011

15.12.2011 - Deutschland

Der Deutsche Zukunftspreis 2011 ging an ein Forscher-Team mit Fraunhofer-Beteiligung. Professor Karl Leo, Dr. Jan Blochwitz-Nimoth und Dr. Martin Pfeiffer erhielten am 14. Dezember für ihre Entwicklungen in der »Organischen Elektronik« den Preis des Bundespräsidenten für Technik und Innovation.

Deutscher Zukunftspreis/Ansgar Pudenz.

Prof. Dr. rer. nat. Karl Leo, Dr. rer. nat. Jan Blochwitz-Nimoth, Dr. rer. nat. Martin Pfeiffer, (v.l.n.r).

Deutscher Zukunftspreis/Ansgar Pudenz

Rote, grüne und blaue OLEDs mit einer 2x2 Millimeter aktiven Fläche für Leistungstests.

Deutscher Zukunftspreis/Ansgar Pudenz.
Deutscher Zukunftspreis/Ansgar Pudenz

Am Anfang gab es eine Abfuhr. Das kann niemals funktionieren, winkte ein Fachgutachter einer Forschungsförderungsagentur ab. Jetzt, 15 Jahre später, hat der Physiker Prof. Karl Leo mit zwei Mitstreitern für den heftig kritisierten Forschungsansatz den Deutschen Zukunftspreis erhalten. Leo, Leiter des Fraunhofer-Instituts für Photonische Mikrosysteme IPMS in Dresden, hat sich der organischen Elektronik verschrieben. Bisher wird für elektronische Bauteile vor allem anorganisches Silizium verwendet. Das spröde Material ist zwar ein guter Halbleiter, doch seine Herstellung erfordert einen erheblichen Aufwand. Man muss bei hohen Temperaturen einen großen Kristall heranwachsen lassen und anschließend in dünne Scheiben, die »Wafer«, zerschneiden.

Eleganter ist es, einen organischen Stoff zu verwenden, eine Art Farbstoff, wie er auch für Straßenschilder verwendet wird. Der lässt sich problemlos auf biegsame Folien oder andere Substrate auftragen. So können Träume wahr werden: etwa ein Bildschirm, den man zusammenrollen und in die Tasche stecken kann, oder eine Fensterscheibe, die nachts auf Knopfdruck leuchtet, das Zimmer in ein angenehmes Licht taucht und kaum Strom verbraucht. Allerdings sind organische Farbstoffe schlechte Halbleiter. Hier kommt die entscheidende Idee zum Zug, die zunächst belächelt wurde: Die unzureichende Leitfähigkeit wird mit einer Dotierung erhöht, also der Zugabe einer geringen Menge einer anderen chemischen Substanz. Inzwischen ist es gelungen, mit einer Beimischung von nur einem Prozent die elektrische Leitfähigkeit um den Faktor eine Million und mehr zu steigern.

Schon heute haben die hauchdünnen Halbleiter den Schritt in die Massenproduktion geschafft. Ähnlich wie Silizium-Chips sind sie vielseitig einsetzbar: Sie können sowohl elektrische Energie in Licht umwandeln als auch – umgekehrt – Sonnenlicht in Strom. Die Novaled AG verfolgt den ersten Ansatz und produziert Materialien für Displays und Leuchten, die Heliatek GmbH widmet sich der Photovoltaik. Beide Unternehmen sind Ausgründungen aus dem Forschungsteam um Prof. Leo, beschäftigen zusammen fast 200 Mitarbeiter und bilden mit weiteren Dresdener Firmen eines der weltweit bedeutendsten Cluster der organischen Elektronik. Zu den Unternehmensgründern gehören Jan Blochwitz-Nimoth (Novaled) und Martin Pfeiffer (Heliatek), die sich zusammen mit ihrem Mentor Leo den Zukunftspreis teilen. Bei der Vermarktung hat die Novaled AG die Nase vorn: Sie stellt bereits Materialien für Handy-Displays als Massenprodukt her. In zwei bis drei Jahren sollen Fernsehbildschirme folgen, die besonders flach, farbecht und sparsam beim Energieverbrauch sind. »Ein OLED-Display verbindet die wichtigsten Vorzüge der beiden aktuellen Technologien, der LED- und Plasmabildschirm-Technologie«, meint Blochwitz-Nimroth. Es ist effizienter als ein Plasmabildschirm und liefert schärfere Bilder als ein LED, weil es ohne Hintergrundbeleuchtung auskommt. Ein weiteres wichtiges Einsatzgebiet der OLEDs ist die Verwedung als flächige Beleuchtung.

Solarzellen auf organischer Basis gibt es noch nicht als Massenware. Bei der Heliatek GmbH wird die Produktion voraussichtlich im nächsten Jahr anlaufen. Ihre Prototypen haben derzeit einen Wirkungsgrad von etwas über neun Prozent und können damit noch nicht gegen die üblichen Siliziumzellen konkurrieren. »Doch längerfristig werden wir an die 20 Prozent herankommen«, ist Prof. Leo überzeugt. Außerdem haben die organischen Zellen gegenüber dem Silizium andere Vorteile. Vor allem lassen sie sich relativ einfach – und damit preiswert – herstellen. Das Sieger-Trio um Karl Leo dampft im Vakuum hauchdünne Schichten des organischen Materials auf einen Träger. Diese Auflagen sind nur einen Fünftelmikrometer dick, tausendmal dünner als herkömmliche Solarzellen. Ein halbes Gramm Halbleitermaterial genügt, um eine Fläche von einem Quadratmeter zu beschichten – und zwar bei Raumtemperatur und nicht erst bei einer Hitze von rund 1000 Grad, wie sie bei anorganischen Zellen nötig ist.

Das spart Energie, außerdem ist man nicht auf hitzebeständiges Glas als Substrat angewiesen, sondern kann PET-Folien verwenden. Dieses Plastikmaterial, das auch für Flaschen genutzt wird, ist preiswert, leicht und flexibel. Die Preisträger haben mit der »Rolle-zu-Rolle-Technologie« ein Verfahren entwickelt, um die Solarzellen am Fließband herstellen zu können. Die leichten Module, die dabei entstehen, lassen sich auch auf Dächern installieren, die für herkömmliche Module zu schwach sind.

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