Fachkräftemangel hat Chemie erreicht

30.03.2012 - Deutschland

Neben einer Konjunkturumfrage stand eine Mitgliederbefragung zur Fachkräftesicherung im Mittelpunkt der Frühjahrspressekonferenz der Chemieverbände Hessen. Diese Untersuchung zeigt, dass der Fachkräftemangel die Unternehmen der hessischen Chemie erreicht hat. Zwei Drittel der Unternehmen vermelden danach sinkende Bewerberzahlen. Angesichts dieses Befundes und der demografischen Entwicklung, fordern die Arbeitgeber mehr Differenzierung und Flexiblisierung bei der Arbeitszeit.

Nachdem bereits Karl-Hans Caprano, Vorstandsvorsitzender der HessenChemie, mit einem Verweis auf das schwache zweite Halbjahr 2011 und erhebliche Risiken im Jahr 2012, die Forderung der Gewerkschaft nach 6 Prozent mehr Entgelt als unrealistisch bezeichnet hatte, stellte Axel Schack, Hauptgeschäftsführer der HessenChemie, die Vorstellungen der Arbeitgeber vor. Sie wollen über eine Weiterentwicklung des 2008 abgeschlossenen Tarifvertrags „Lebensarbeitszeit und Demografie“ sprechen. Dabei geht es ihnen unter anderem um eine Verlängerung und Flexibilisierung der tariflichen Arbeitszeit, weil das Arbeitszeitvolumen in Zukunft auf immer weniger Köpfe verteilt werden muss.

Messbar ist das sinkende Angebot an Fachkräften schon heute in den Personalabteilungen. Zwei Drittel der befragten Unternehmen verzeichnen sinkende Bewerberzahlen. Darüber hinaus weisen sie darauf hin, dass immer mehr Bewerbungen nicht auf das ausgeschriebene Anforderungsprofil passen. Viele Bewerber verfügen nicht über die nötige Fachkompetenz. Der bedeutendste Befund ist für Schack, „dass 41 Prozent der Unternehmen angeben, für einzelne ausgeschriebene Positionen überhaupt keine Bewerbungen erhalten zu haben.“ Die Folge seien länger dauernde Vakanzen und ein gestiegener Zeitaufwand bei der Personalsuche. Dies sei bei 9 von 10 Unternehmen der Fall.

Demografische Entwicklung macht Mentalitätswandel nötig

2008 vereinbarten die Chemiesozialpartner den Tarifvertrag „Lebensarbeitszeit und Demografie“, der auch verbindliche Demografieanalysen vorsah. „Aus diesen wissen wir, dass das Durchschnittsalter der Belegschaften mit beängstigender Geschwindigkeit zunimmt“, erklärt Schack. Allein im Zeitraum von 2008 bis zum Jahr 2016 würde der Anteil der über 50- jährigen Mitarbeiter um über 20 Prozent steigen. 2016 seien 57 Prozent der Chemiebeschäftigten in Hessen älter als 50 Jahre alt. „Wir brauchen daher einen Mentalitätswandel hin zu einer Differenzierung und Flexibilisierung der Arbeitszeit. Wir wollen, dass die Beschäftigten flexibler auf ihre unterschiedlichen Lebensphasen und die Unternehmen auf die schwankende Kapazitätsauslastung reagieren können."

Neben einer Verlängerung der tariflichen Arbeitszeit, geht es den Arbeitgebern aber auch darum, altersbezogene Tarifregelungen zu überprüfen. „Diese stammen aus einer Zeit, als man mehr Arbeitskräfte als Arbeit hatte", betont Schack. Gutes Beispiel hierfür sei die Altersfreizeit ab dem 55. Lebensjahr. Laut Chemie-Tarifvertrag verkürzt sich die wöchentliche Arbeitszeit für Beschäftigte im Schichtdienst ab dem 55. Lebensjahr um 3,5 Stunden, für alle anderen Beschäftigten ab 57 um 2,5 Stunden. „Es geht deshalb um Entgelt und Arbeitszeit, wenn wir am 17. April in Bad Homburg den Auftakt für die Chemietarifrunde machen“, so Schack abschließend.

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