Alleskönner von morgen: Synthetische flüssige Kohlenwasserstoffe als ideale Speicher und Treibstoffe

03.07.2012 - Deutschland

Die Nutzung erneuerbarer Energien ist mit zwei grundsätzlichen Herausforderungen verbunden: Die erzeugte Strommenge entspricht oft nicht dem gerade vorhandenen Bedarf. Zugleich liegen zwischen Produktionsort und Verbraucher oft tausende Kilometer. Offshore-Windanlagen produzieren Strom beispielsweise in der Nordsee, während die meisten Verbraucher in den mitteleuropäischen Ballungszentren sitzen. Es gilt also, die Frage der Energiespeicherung und des Transports zu lösen. Wissenschaftler des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Stuttgart arbeiten gemeinsam mit der Universität Stuttgart und der Universität Bayreuth an einem zukunftsweisenden Ansatz, beide Probleme gleichzeitig zu lösen: Sie optimieren die Erzeugung und Verbrennung von synthetischen flüssigen Kohlenwasserstoffen (KWS) und untersuchen ihr Potential als Energiespeicher zur Realisierung der Energiewende.

Hohe Energiedichte und einfach zu handhaben

KWS sind bei Umgebungstemperatur flüssig und benötigen keine speziellen Lager- oder Transportbehälter. Im Vergleich zu gasförmigem Wasserstoff sind sie wesentlich einfacher und sicherer zu handhaben. Zudem lassen sie sich langfristig in großen Mengen und im Gegensatz zu Batterien ohne Verluste speichern. "Es gibt viele unterschiedliche Möglichkeiten, Energie zu speichern. Flüssige Kohlenwasserstoffe vereinen viele Vorteile und sind, was die Energiedichte und die mögliche Speicherdauer betrifft, ganz oben auf der Skala", erklärt Prof. Manfred Aigner, Leiter desDLR-Instituts für Verbrennungstechnikund wissenschaftlicher Koordinator des Projekts.

Von großem Interesse sind synthetische KWS in Zukunft auch für den Verkehrssektor: Als eine Art optimiertes Benzin – vergleichbar in Farbe und Konsistenz – verbrennen sie sehr schadstoffarm. Dabei können ähnliche Brennkammern und Turbinen zum Einsatz kommen wie bei herkömmlichen Benzin. "Unser Ziel ist es, den Verbrennungsprozess weiter zu verbessern und den ohnehin geringen Schadstoffausstoß weiter zu minimieren", schildert Manfred Aigner. "Langfristig halten wir es für möglich, flüssige Kohlenwasserstoffe sogar schadstofffrei zu verbrennen".

Gesamtprozess unter der Lupe

Um flüssige Kohlenwasserstoffe herzustellen, ist ein mehrstufiger Prozess notwendig: Im ersten Schritt wird aus überschüssigem Sonnen- oder Windstrom mittels Elektrolyse Wasserstoff und Sauerstoff erzeugt. Das Institut für Feuerungs- und Kraftwerkstechnik der Universität Stuttgart untersucht als Projektpartner, wie aus dem gewonnenen Sauerstoff möglichst effizient ein hochreines Synthesegas gewonnen werden kann. Am Lehrstuhl für Chemische Verfahrenstechnik der Universität Bayreuth analysieren Wissenschaftler im letzten Schritt, wie sich die flüssigen Kohlenwasserstoffe am besten aus dem Elektrolyse-Wasserstoff und dem Synthesegas synthetisieren lassen.

Eine zentrale Herausforderung des Projekts ist es, diesen Herstellungsprozess in seiner Gesamtheit zu erfassen und zu optimieren. Diese Aufgabe liegt beimDLR-Institut für Technische Thermodynamik. "Die Ergebnisse aus der technischen Prozessanalyse dienen uns als Grundlage für eine umfassende Systembewertung. Wir untersuchen also, welches Potenzial synthetische flüssige Kohlenwasserstoffe als chemische Energiespeicher haben und wo wir sie zur Realisierung der Energiewende am besten nutzen können", erklärt die DLR-Wissenschaftlerin und Leiterin der Abteilung Thermische Prozesstechnik Dr.-Ing. Antje Wörner. Neben dem Einsatz in hocheffizienten Großkraftwerken oder direkt beim Primärenergieerzeuger vor Ort sei auch die Verwendung in dezentralen Anlagen wie beispielsweise in Blockheizkraftwerken für Wohnanlagen denkbar.

Das Projekt zur Erforschung synthetischer flüssiger Kohlenwasserstoffe als Energiespeicher ist eine von vier Energie-Allianzen der Helmholtz-Gemeinschaft. Diese zielen darauf ab, innovative Lösungen für eine nachhaltige Energieversorgung zu erforschen. Als größte Wissenschaftsorganisation in Deutschland fördert die Helmholtz-Gemeinschaft die vier Vorhaben jährlich mit insgesamt 3,6 Millionen.

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