Forscher entwickeln Materialien nach Maß, indem sie Nanopartikel über die Temperatur steuern

27.09.2012 - Deutschland

Diamanten, Grillbrickets und Bleistifte haben eines gemeinsam: Sie bestehen aus Kohlenstoff. Lediglich die Anordnung der Atome entscheidet darüber, in welchem Zustand der Kohlenstoff erscheint: Hoch geordnet als harter Edelstein, wirr und pulverig zum Bratwurst rösten oder Briefe schreiben. Ob natürlich oder künstlich, durch hohe Temperaturen und hohe Drücke lassen sich die Eigenschaften von Kohlenstoff umwandeln: Aus Graphit wird Diamant. Materialforscher am INM – Leibniz-Institut für Neue Materialien konnten ein ähnliches Phänomen nun auch bei Nanopartikeln beobachten: Erst ab einer bestimmten Temperatur ordnen sich winzige Goldpartikel als wohlgeordnete Kristalle an. Mit dieser Erkenntnis ließen sich zukünftig Materialieneigenschaften nach Maß gestalten. Die Ergebnisse wurden in „Physical Review Letters“ veröffentlicht.

„Welche Eigenschaft ein Material hat, ob es beispielsweise elektrischen Strom und Wärme gut leitet, Licht durchlässt oder eher hart oder weich ist, hängt auch davon ab, wie sich Atome, Moleküle und eben Nanopartikel anordnen. Wenn wir also gezielt steuern können, wie sich die Partikel anordnen, können wir in Zukunft gezielt die Eigenschaften eines Materials verändern“, erklärt Tobias Kraus, Leiter der Nachwuchsforschungsgruppe Strukturbildung auf kleinsten Skalen. Der erste Schritt zu einem Materialbaukasten nach Maß sei getan.

Diesen erreichten die Saarbrücker Materialforscher mit Goldnanopartikeln: „Es war bekannt, dass sich die sechs milliardstel Meter kleinen Teilchen manchmal von selbst anordnen. Dass sie ausgerechnet wohl geformte Kristalle bilden, wenn sie heiß sind, hat uns jedoch sehr überrascht“, sagt der Materialexperte Kraus. Für ihre Experimente verwendeten die Forscher Goldnanopartikel, die mit einer organischen Hülle versehen sind. So stellt jedes umhüllte Nanopartikel ein kleines Kügelchen dar. „Bei tiefen Temperaturen sind diese Hüllen fest“, vermutet Philip Born, der als Doktorand mit diesen Partikeln arbeitete. „Dadurch verhaken sich die Kügelchen, und es gibt chaotische Klumpen. Bei höheren Temperaturen schmelzen die Hüllen und „schmieren“ die Anordnung der Kügelchen wie ein Gleitmittel: Plötzlich erhalten wir wohl geordnete Kristalle“, erklärt Born weiter.

Bisher haben die Forscher diese Idee nur für Goldnanopartikel und bestimmte Hüllen aus organischen Verbindungen, sogenannte Alkylthiole, angewendet. Dafür sind keine besonders hohen Temperaturen notwendig; die Hüllen schmilzen schon bei rund 30° Celsius. „Wenn wir dieses Prinzip auch auf andere Partikel, auf andere Hüllen und auf andere Temperaturen anwenden können, haben wir ziemlich viele Varianten, die wir je nach Wunscheigenschaft zusammenstellen könnten. Damit wäre das Baukastenprinzip perfekt“, wünscht sich Kraus.

Originalveröffentlichung

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