Störfall bei Kraft - Katastrophenalarm in der Heide
(dpa) Gleißendes Licht aus großen Scheinwerfern macht die Nacht auf dem Werksgelände im niedersächsischen Bad Fallingbostel zum Tag, Feuerwehrfahrzeuge sprühen Wasserfontänen in Richtung des Tanks. Hunderte Feuerwehrleute sind auf dem Gelände der Lebensmittelfabrik von Kraft Foods im nächtlichen Einsatz. Anlass ist ein Störfall, im Heidekreis herrscht Katastrophenalarm.
«Um 13 Uhr ist in einen Tank mit Natronlauge versehentlich Salpetersäure gefüllt worden», sagt die Sprecherin von Kraft Foods, Heike Hauerken. «Beim Abpumpen der Säure ist dann gegen 19 Uhr eine giftige Wolke aus Dampf und Rauch aufgestiegen», ergänzt Feuerwehrsprecher Stephan Meier, während die Generatoren überall dröhnen. Beim Einatmen oder bei Hautkontakt sei die Wolke gesundheitsgefährdend, erklärt Meier. Nach Angaben des Unternehmens und der Feuerwehr wurde aber niemand verletzt.
«Erst wurde das Werk evakuiert», sagt Meier. Nach den rund 250 Arbeitern und Angestellte seien zunächst etwa 800 Menschen aus einem angrenzenden Wohngebiet vorsorglich in Sicherheit gebracht worden. «Dann haben wir nach dem Austritt der Gefahrenstoffe den Radius auf 500 Meter um das Werk erweitert und bis zum späten Abend nochmals rund 1000 Menschen in die Notunterkünfte gebracht.» Die Aktion sei ruhig und kontrolliert verlaufen, betont Meier. Kurzfristig wurde sogar die Autobahn A7 gesperrt, eine wichtige Nord-Süd-Achse.
Knapp 500 Rettungskräfte sind auch nach dem Niederschlagen der Wolke bis zum frühen Morgen im Einsatz, während das Abpumpen weitergeht. «Die Situation ist unter Kontrolle», betonte Kraft Foods-Sprecherin Hauerken. Dass es beim Abpumpen weitere Zwischenfälle geben könne, sei jedoch nicht auszuschließen. Weitere Feuerwehrwagen rollen um Mitternacht auf den Werkshof.
Auf Sammelplätzen in der Umgebung stehen Krankenwagen bereit, die Polizei hat alles weiträumig abgesperrt. Auf dem Werksgelände herrscht trotz des außergewöhnlichen Geschehens eine konzentrierte Geschäftigkeit. Wohlgeordnet verrichten die Feuerwehrleute ihre Arbeit, keiner rennt. Sanitäter stehen neben Rettungswagen, im Hintergrund werden zwei Spezialisten in Schutzanzügen abgeduscht - aber Katastrophenfilme sehen anders aus.
«Gegen sechs Uhr könnten wir mit dem Abpumpen fertig sein», hofft Feuerwehrsprecher Meier. Dann können auch die Menschen in den Notunterkünften wieder nach Hause. Einige hätten zunächst mit Unverständnis reagiert, aber die Stimmung dort sei nicht schlecht, sagt Meier. Auch der Landrat sei schon dagewesen und habe die Betroffenen informiert. Nicht so ruhig wie sonst, aber keine Panik in der Heide.
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