Poren mit viel Platz

KIT-Forscher entwickeln neues Verfahren zur Herstellung metallorganischer Gerüste

06.12.2012 - Deutschland

Ein neues Verfahren zur Herstellung metallorganischer Gerüste (MOFs) haben Forscher des Instituts für Funktionelle Grenzflächen (IFG) des KIT, der Jacobs University Bremen und weiterer Einrichtungen entwickelt: Mithilfe der sogenannten Flüssigphasen-Epitaxie ist es den Wissenschaftlern gelungen, eine neue Klasse von MOFs mit einer zuvor unerreichten Porengröße zu fertigen. Diese Gerüstverbindungen versprechen interessante Anwendungen in Medizin, Optik und Photonik. In der Zeitschrift „Nature Scientific Reports“ stellen die Forscher die als „SURMOF 2“ bezeichnete neue Klasse von MOFs vor.

Dr. Jinxuan Liu, IFG

Struktur der metallorganischen Gerüste der Klasse SURMOF 2: Die Porengröße beträgt zurzeit schon bis zu drei mal drei Nanometer

Metallorganische Gerüstverbindungen (MOFs – Metal Organic Frameworks) ermöglichen es, nanoskalige Objekte zu speichern und für verschiedene Anwendungen bereitzustellen. Sie finden daher immer mehr Interesse in vielen Forschungsbereichen wie Materialwissenschaften, Biologie und Medizin. MOFs sind hochgeordnete molekulare Systeme, die aus metallischen Knotenpunkten und organischen Streben bestehen. Die Poren in diesen Gerüsten sind frei zugänglich. Zur Speicherung von Wasserstoff und anderen kleinen Molekülen wie Kohlendioxid oder Methan werden MOFs als Pulver eingesetzt. Für anspruchsvollere Anwendungen, etwa zum Speichern und anschließenden Freisetzen von Antibiotika, sind jedoch mechanisch stärker belastbare MOF-Beschichtungen erforderlich.

Am Institut für Funktionelle Grenzflächen (IFG) des KIT arbeiten Wissenschaftler um Institutsleiter Professor Christof Wöll daher an neuen Verfahren zur MOF-Herstellung: Sie lassen die MOF-Strukturen epitaktisch, das heißt schichtweise, auf der Oberfläche von Substraten wachsen (SURMOFs – Surface Mounted Metal Organic Frameworks). So lassen sich Größe und Form der Poren ebenso wie deren chemische Funktionalität für die jeweilige Anwendung maßschneidern. Eine am IFG entwickelte spezielle Methode, die sogenannte Flüssigphasen-Epitaxie (LPE – Liquid Phase Epitaxy) gestattet es, auch Gerüststrukturen herzustellen, die sich mit den normalen nasschemischen Methoden nicht erzeugen lassen. Wie die genaue theoretische Analyse der Arbeitsgruppe von Professor Thomas Heine an der Jacobs University Bremen zeigte, sind die Wechselwirkungen zwischen den organischen Streben für die Stabilität dieser großporigen Gerüste verantwortlich. In einer von der Zeitschrift Nature Scientific Reports veröffentlichten Arbeit stellen die beteiligten Forscher – IFG und Institut für Organische Chemie (IOC) des KIT, Jacobs University Bremen und weitere Einrichtungen in Mainz, Bielefeld und Thuwal/Saudi-Arabien – eine Serie von strukturell verwandten, hochsymmetrischen Typen von Gerüstverbindungen vor, die mit der LPE-Methode hergestellt wurden und besonders große Poren aufweisen.  

Zur Herstellung dieser neuartigen, als „SURMOFs 2“ bezeichneten Serie von MOFs synthetisierten die Wissenschaftler verschiedene, sehr spezielle organische Moleküle verschiedener Länge. Die Porengröße der neuen metallorganischen Gerüstverbindungen beträgt zurzeit schon bis zu drei mal drei Nanometer. Damit bieten die Poren bereits jetzt Platz für kleine Proteine. Die Forscher arbeiten intensiv daran, die Länge der organischen Streben noch weiter zu vergrößern, um noch größere Proteine und im nächsten Schritt sogar metallische Nanopartikel in die Gerüststrukturen einzubetten, was interessante Anwendungen in der Optik und Photonik ermöglicht. 

„Das Hauptpotenzial der SURMOFs 2 sehen wir zurzeit im Bereich optischer Materialien. Der nächste Schritt wird es sein, Hetero-Schichten herzustellen, in denen ganz unterschiedliche Materialen aufeinandergestapelt werden“, erklärt Professor Christof Wöll vom IFG des KIT. „Das Anwendungspotenzial metallorganischer Käfige läßt sich heute erst vage erahnen. Die MOF-Gerüste kann man sich als zusammengesetzte Bausteine vorstellen. Die Chemiker haben gelernt, wie man diese Bausteine zu einem Gerüst zusammensetzt. Jetzt gilt es, die Vielfalt der aus der Chemie bekannten Moleküle als Bausteine auszunutzen, um neue Materialien mit neuen Anwendungspotenzialen zu entwickeln, die beispielsweise die Katalyse, Sensorik oder logische Speichermaterialien revolutionieren könnten. Computersimulationen sind ideal, um die Bausteine für Käfige mit optimalen Eigenschaften zu bestimmen und diese danach im Labor zu realisieren“, erläutert Professor Thomas Heine von der Jacobs University Bremen.

Originalveröffentlichung

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