Designzellen produzieren erneuerbare Energie
"CyanoFactory" als Wasserstoff-Lieferant der Zukunft
© LS Biochemie der Pflanzen
Vorläuferprojekt "Biobatterie"
Die RUB-Arbeitsgruppe hat in dem vom BMBF geförderten Vorläuferprojekt bereits erfolgreich eine Art "Biobatterie" entwickelt: ein halbkünstliches Modellsystem mit isolierten biologischen Komponenten wie den beiden Photosystemen, die Lichtenergie in chemische Energie umwandeln. Außerdem haben die Forscher begonnen, die Photosynthese von Blaualgen (Cyanobakterien) genetisch so zu verändern, dass sie für eine zukünftige lichtgetriebene Wasserstoffproduktion geeignet ist. Die hierfür benötigten sogenannten Hydrogenasen bauen Projektteilnehmer an der Universität Uppsala aus anderen Organismen in die Zellen ein, da Cyanobakterien kein leistungsfähiges Enzym zur Wasserstoffproduktion besitzen.
"Designzellen" nach Maß: Synthetische Biologie
Im neuen EU-Projekt wollen die Wissenschaftler Cyanobakterien langfristig zu selbstreplizierenden "zellulären Fabriken" für die Biowasserstoffproduktion umbauen. Mit der sogenannten Synthetischen Biologie schaffen sie quasi einen Baukasten mit Proteinen, deren genetischen Bauplänen und ihren Regulationsmechanismen als standardisierten Komponenten. Diese Bausteine sollen Anwender für verschiedene Zwecke beliebig kombinieren und anpassen können. Geplant ist zum Beispiel, einen Selbstzerstörungsmechanismus in die Cyanobakterien einzubauen, der anspringt, falls die genetisch veränderten Zellen ungewollt freigesetzt werden. Im Projekt evaluieren die Forscher auch biotechnologische Möglichkeiten, zum Beispiel die technische Massenanzucht der Blaualgen in optimierten Photobioreaktoren. Sowohl beim "Designen" der Zellen als auch beim Planen der Verfahrensprozesse im Reaktor helfen Bioinformatiker mit mathematischen Simulationen bei der Optimierung. Eine enge Vernetzung der Kompetenzen aller beteiligten Arbeitsgruppen aus sieben europäischen Ländern ist dafür unabdingbar.
Maximale Energieausbeute
Normalerweise investieren Cyanobakterien und Pflanzen die bei der Photosynthese aufgenommene Lichtenergie größtenteils in Wachstum und Vermehrung, indem sie Wasser spalten und Kohlendioxid zu Kohlenhydraten umsetzen. Ziel des Projekts ist es, einen Großteil der Lichtenergie in die direkte Erzeugung von Bioenergie in Form von Wasserstoff zu investieren - und nicht in Biomasse. Damit dieses Verfahren möglichst effizient ist, müssen die Forscher die Elektronen aus der Wasserspaltung so früh wie möglich abgreifen, noch bevor der Organismus sie für die Produktion von Biomasse verwendet. Das Team um Prof. Rögner arbeitet deshalb hauptsächlich daran, die bei der Photosynthese gewonnenen Elektronen auf die Hydrogenase umzuleiten und die ganze Zelle für diesen Prozess zu optimieren. Hierzu reduzieren sie zum Beispiel drastisch die Zahl der Lichtsammelantennen, mit denen Blaualgen auch noch bei extrem wenig Licht Photosynthese betreiben können - eine Situation, die im Photobioreaktor mit kontrollierter Belichtung nicht eintritt. Diese Antennen sind das häufigste Protein in der Zelle. Verringert man ihre Anzahl, spart man nicht nur Energie, sondern ermöglicht auch eine wesentlich höhere Zelldichte im Reaktor.
Kostengünstige Versuchsreaktoren
Kostenanalysen von Prof. Dr. Hermann-Josef Wagner, Lehrstuhl für Energiesysteme und Energiewirtschaft an der RUB, im Zuge des Vorläuferprojektes zeigten, dass der zukünftig mit diesen Designzellen erzeugte Wasserstoff wirtschaftlich konkurrenzfähig sein kann, wenn alle Optimierungen planmäßig verlaufen. "Licht ist umsonst, die Zelle kann sich dadurch selbst mit Energie versorgen", erklärt Rögner. Auch das Anzuchtmedium - mit Nährstoffen angereichertes Wasser - ist billig verfügbar und kann dem Wasserkreislauf wieder zugeführt werden. Alternativ kann Meerwasser mit marinen Cyanobakterien verwendet werden. Teuer sind bisher noch die zur Massenkultur verwendeten Photobioreaktoren. Gemeinsam mit der Firma KSD aus Hattingen entwickeln die Bochumer daher kostengünstige, spezielle Flachbett-Systeme. Ziel ist, den bereits verfügbaren 5 L-Laborreaktor in der Projektlaufzeit zu einem 100 L-Prototyp auszubauen. Dann möchte das Team in Zusammenarbeit mit zwei italienischen Kooperationspartnern mehrere Module koppeln und so Freiland-Reaktoren mit einem Fassungsvermögen von bis zu 1000 Litern konstruieren und erproben. "Das eröffnet die attraktive Möglichkeit, die Herstellungs- und zukünftige Betriebskosten zu minimieren und speziell auch auf landwirtschaftlich nicht nutzbaren Flächen mit hoher Photosynthese-Effizienz preiswert Energie zu erzeugen", sagt Rögner.
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