M&A-Geschäft in der Chemieindustrie zieht wieder an
Nachdem das Deal-Volumen im Jahr 2011 auf einen Gesamtwert von 151 Milliarden US-Dollar angestiegen war, brach es 2012 auf 49 Milliarden US-Dollar ein. Zurückzuführen ist dies auf geringere Deal-Volumina und ein Ausbleiben großer Transaktionen. Im Jahr 2012 hatten die Top-Fünf M&A-Geschäfte einen Gesamtwert von lediglich 12,7 Milliarden US-Dollar – im Vergleich zu 44 Milliarden US-Dollar im Jahr 2011. Auch die Multiples sind 2012 geringer ausgefallen, allerdings befanden sie sich immer noch über Krisen-Niveau. Dr. Joachim von Hoyningen-Huene, Principal in der Chemie und Öl Practice von A.T. Kearney und Autor der Studie, erläutert: „Ein wichtiger Grund für die geringe M&A-Aktivität im Jahr 2012 war die hohe Kaufpreiserwartung der Verkäufer bei gleichzeitig konservativerer Einschätzung durch Käufer bei einer gesamtwirtschaftlich sehr unsicheren Lage.“
M&A-Aktivität konzentriert sich auf Asien, allerdings haben US-amerikanische Investoren und Zielunternehmen wieder an Marktanteil zugelegt
Mit einem Marktanteil von 43 Prozent waren die asiatischen Käufer im Jahr 2012 am aktivsten. Zurückzuführen ist dies vor allem auf die Konsolidierung der nach wie vor stark fragmentierten asiatischen Märkte. Der Anteil nordamerikanischer Unternehmen hat – bei Käufern wie bei Zielunternehmen – kontinuierlich zugelegt: Er ist von 17 Prozent im Jahr 2009 auf über 24 Prozent im Jahr 2012 angestiegen. Auf sie entfielen 40 Prozent des gesamten Deal-Volumens mit einem Gegenwert von 19 Milliarden US-Dollar.
(Petro-)chemische Unternehmen aus Entwicklungsländern gewinnen im weltweiten M&A-Geschäft an Einfluss
Im Jahr 2012 stammten bereits 107 der Global Fortune 500-Unternehmen (entspricht 21 Prozent) aus Entwicklungsländern – unter ihnen große petrochemische Unternehmen wie Sinopec (China), Sabic (Saudi Arabien), Braskem (Brasilien), PTT (Thailand) und Reliance Industries (Indien).
Thomas Rings, Partner und Leiter des weltweiten Beratungsbereichs Chemie und Öl bei A.T. Kearney betont: „Die Umsätze von Chemieunternehmen aus Entwicklungsländern sind in den letzten Jahren rapide gestiegen. Zwar gründen sie immer noch vorrangig auf einem enormen organischen Wachstum in den jeweiligen Heimatmärkten, jedoch konnten wir auch bereits erste Investitionen in westliche Unternehmen beobachten.“
Käufer aus Petro- und Basischemie dominieren M&A-Geschäft durch Rückwärts- und Vorwärtsintegration
An beinahe jedem zweiten Deal (47 Prozent) waren Käufer aus der Petro- oder Basischemie beteiligt. Gemessen am Wert dieser Transaktionen machte dieser Sektor sogar 66 Prozent aus. 55 Prozent der gesamten M&A-Aktivität von Unternehmen der Petro- und Basischemie zielten auf Firmen, die nicht Teil der Chemieindustrie sind. Die Vorwärts- oder Rückwärtsintegration war in den letzten beiden Jahren der häufigste Deal-Typus: von den branchenfremden Übernahmekandidaten stammten 12 Prozent aus der Minen-und Ölbranche bzw. Gasgewinnung.
Befragung von Führungskräften der Chemieindustrie legt Belebung nahe
55 Prozent der Befragten erwarten, dass das M&A-Geschäft 2013 wieder Fahrt aufnehmen wird. Fast zwei Drittel der Befragten erachten die günstigen Finanzierungskonditionen als Haupttreiber hinter dieser Entwicklung. Dies könnte bedeuteten, dass strategische Investoren ihre wiedererlangte finanzielle Schlagkraft nutzen werden, um regional zu expandieren.
Für die verschiedenen Regionen werden unterschiedlich hohe Aktivitätslevel erwartet. Über 90 Prozent der Befragten erwarten eine weitere Konsolidierung der stark fragmentierten asiatischen Märkte, was die M&A-Aktivität in China, Indien und dem Rest Asiens anfachen wird. Im Gegensatz dazu ist der Ausblick für Europa gemischt. 70 Prozent der Befragten erachten die wirtschaftliche Unsicherheit und die Wirtschaftskrise als hinderlich. Für 57 Prozent der Befragten stellt der Zugang zu kostengünstigen Rohstoffen in den USA, Kanada und Mexiko einen Treiber für M&A-Aktivitäten im Jahr 2013 dar.
Führungskräfte erwarten Anstieg neuer Formen der Zusammenarbeit – Treiber sind der Zugang zu Rohstoffen, Märkten und Technologien
Mehr als die Hälfte der Befragten erwartet eine Zunahme der Kooperationsformen jenseits von M&A etwa in Form von Joint Ventures, langfristigen Lieferabkommen und strategischen Allianzen.
Thomas Rings erläutert: „Wir sehen derzeit drei wesentliche Treiber für neue Partnerschaftsmodelle: Zugang zu Rohstoffen, Märkten und Technologien.“ Neue Partnerschaften werden sich vor allem im Rahmen von Industrie-Neuansiedlungen in neuen Regionen entwickeln, bei denen alternative Rohstoffe zum Einsatz kommen und sich der Zugang zu herkömmlichen Rohstoffen mit technologischem Know-how bzw. dem Zugang zu Märkten verbinden lässt.