Spinat und Nanodiamant?
Universität Ulm
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"Bluttests, die den Eisengehalt im menschlichen Körper messen, erfassen nicht - wie man denken könnte - freie Eisenionen im Blut. Denn ungebundenes Eisen wirkt toxisch und ist in der Regel kaum im Blut zu finden", erläutert Professorin Tanja Weil, Leiterin des Instituts für Organische Chemie III der Universität Ulm. Die Messverfahren richten sich stattdessen auf bestimmte Proteine, die für die Speicherung und den Transport von Eisen verantwortlich sind. Eines dieser Proteine ist das sogenannte Ferritin, das bis zu 4500 Eisenionen binden kann. Die meisten herkömmlichen Tests basieren auf immunologischen Verfahren und schätzen die Eisenkonzentration indirekt auf der Grundlage verschiedener Marker, wobei die Ergebnisse in bestimmten klinischen Situationen widersprüchlich ausfallen können.
Ferritin-gebundene Eisenionen haben ganz spezifische Magnetfelder
Die Ulmer Wissenschaftler haben nun einen komplett neuen Ansatz entwickelt, um das Ferritin im Organismus aufzuspüren. Und zwar mit Hilfe einiger Kniffe. Zuerst hielten die Wissenschaftler einmal fest, dass Eisen ein Magnet ist, und Eisenatome magnetische Felder ausbilden, die sich durch Überlagerung so verstärken, dass diese technisch messbar werden. Ähnlich verhält es sich mit den an Ferritin gebundenen Eisenionen, deren Magnetfelder allerdings so winzig sind, dass sie äußerst schwer zu fassen sind. Hierin bestand nun die eigentliche Herausforderung für die Wissenschaftler: ein Verfahren zu entwickeln, das sensitiv genug ist, um derart schwache Magnetfelder präzise zu ermitteln. Mit Hilfe einer völlig neuartigen, hochinnovativen Technologie gelang es den Forschern nun, solche hochsensiblen Magnetfeldsensoren zu entwickeln. Deren Herzstück: winzigste künstliche Diamanten in Nanometergröße.
Der Trick dabei: verwendet werden keine perfekten Diamanten - farblos und transparent - sondern Diamanten mit sogenannten Gitter-Fehlern, die die Farbgebung der Diamanten beeinflussen. "Diese Farbzentren erlauben es uns, die Ausrichtung von Elektronenspins in externen Feldern optisch auszulesen", erklärt Professor Fedor Jelezko, Leiter des Ulmer Instituts für Quantenoptik. Schließlich musste das Team einen Weg finden, um das Ferritin an der Diamant-Oberfläche anhaften zu lassen. "Dies gelang uns dann tatsächlich mit Hilfe von elektrostatischen Interaktionen zwischen den winzigen Diamantpartikeln und den Ferritin-Proteinen", ergänzt Weil.
Ein erster Meilenstein für den BioQ-Synergy-Grant ist gesetzt
"Durch theoretische Modellierung konnten wir sicherstellen, dass das gemessene Signal in der Tat übereinstimmt mit der Präsenz von Ferritin und das Messverfahren an sich gültige Ergebnisse liefert", sagt Martin Plenio, Leiter des Instituts für Theoretische Physik. Für die Zukunft verfolgen die Ulmer Forscher das ambitionierte Ziel, auch die genaue Anzahl der Proteine bestimmen zu können.
Mit dieser innovativen Entwicklung, die in der aktuellen Ausgabe der renommierten Fachzeitschrift Opens external link in new windowNanoLetters veröffentlicht wurde, setzen die Ulmer Forscher immerhin einen ersten Meilenstein hin zu ihrem - mit dem BioQ-Synergy-Grant der EU ausgezeichneten - übergeordneten Forschungsziel. Im Mittelpunkt steht dabei die Erforschung von Quanteneigenschaften in der Biologie sowie die Herstellung möglicher Verbindungen zwischen Diamant und Biostrukturen, beispielsweile um neue Quantentechnologien zu realisieren. "Auf der Grundlage von Nanostrukturen in Diamanten können damit hochempfindliche Sensoren hergestellt werden, die sowohl in der Biologie als auch der Medizin praktische Anwendung finden", so die Ulmer Naturwissenschaftler. Aber ihre neue Erfindung hat auch Grenzen: "Ob der Spinat wirklich gegessen wurde, das verrät uns der Diamant leider nicht. Das wissen die Mütter und Väter wohl besser", gesteht Quantenphysiker Plenio.
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