Farblöser reinigt Pinsel ohne Lösungsmittel
Forschungszentrum Jülich
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Rund eine Million Liter Pinselreiniger gehen in Deutschland pro Jahr über die Ladentheke. Die meisten dieser Produkte bestehen überwiegend aus Lösemitteln, die flüchtige organische Komponenten freisetzen. Der Farblöser, den Jülicher Forscher mit Unterstützung der Deutschen Bundesstiftung Umwelt entwickelt haben, reinigt ohne umwelt- und gesundheitsschädliche Lösemittel. Er löst wasser- oder lösemittelhaltige Farben, Lacke, Lasuren, Öle, Wachse, Fette und Ruß, entfernt Farbspritzer, Bitumen, Teer und die meisten Klebstoffe und eignet sich zum Reinigen von Spritzpistolen und Mischanlagen.
Alle Komponenten des Reinigers sind leicht biologisch abbaubar und wurden in Zusammenarbeit mit der Grafschaft-Gelsdorfer Firma Schwegmann ausgewählt. Das umweltschonende Mittel löst Öle und Fette mithilfe von Tensiden. Das sind waschaktive Substanzen, wie sie auch in Spül- und Waschmitteln enthalten sind. Ein durch Neutronenexperimente optimierter Zusatzstoff – eine neue Sorte von Tensiden – vervielfacht ihre Wirkung. Dadurch lassen sich schon mit geringem Tensideinsatz schwerlösliche Farbreste entfernen. Gut für die Umwelt, denn auch Tenside sind in großer Menge schädlich.
Den verstärkenden Effekt des Zusatzstoffes hatten die Jülicher Forscher gemeinsam mit Kollegen der Universität Köln ursprünglich erstmals bei einer anderen Klasse von Substanzen gefunden: bei sogenannten Blockcopolymeren. Das sind längliche Polymere mit einem wasser- und einem fettliebenden Teil. Doch diese im Jahr 2002 mit dem "Erwin Schrödinger-Preis für interdisziplinäre Forschung" ausgezeichnete Entdeckung ließ sich nicht direkt in ein marktfähiges Produkt überführen.
"Die Blockcopolymere waren unter anderem nicht auf dem Markt erhältlich, zu teuer in der Herstellung und biologisch schwer abbaubar", erzählt Dr. Jürgen Allgaier vom Jülicher Zentrum für Neutronenforschung. "Im Farblöser setzen wir deshalb eine zweite Generation des Zusatzstoffs ein." Hierbei handelt es sich nicht um Blockcopolymere, sondern um Tensidmoleküle mit jeweils einem langen wasserliebenden und einem kurzen fettliebenden Ende. Schon mit einer kleinen Menge davon lässt sich die notwendige Gesamtmenge an Tensiden erheblich verringern. Das Prinzip dieser Effizienzsteigerung hat sich das Forschungszentrum patentieren lassen.
Um den geeigneten Zusatzstoff zu finden, hatten die Forscher zunächst die Wirkungsweise des Blockcopolymers mithilfe von Neutronenstreuexperimenten entschlüsselt. Die Blockcopolymere lagern sich an der Grenze zwischen Öl, Wasser und Tensid ein. So versteifen sie die Grenzschicht, die Tenside zwischen den wässrigen und öligen Schichten in sogenannten Mikroemulsionen bilden. Dadurch verringert sich wiederum die Membranfläche und der Tensidbedarf sinkt.
Aufbauend auf diesen Erkenntnissen suchten die Jülicher Wissenschaftler gezielt nach Substanzen mit ähnlichen Eigenschaften, die – anders als die Blockcopolymere – aber kommerziell verfügbar, preisgünstig und kennzeichnungsfrei sind. Die ausgewählten Rohstoffe testeten die Forscher im Neutronenexperiment auf die gewünschten Eigenschaften und optimierten dann die Zusammensetzung der Mikroemulsion bis zum gewünschten Ergebnis.