Kleiner, leichter, flinker - optimierte Absorptionskälteanlagen
Die Wissenschaftler und Ingenieure fanden heraus, dass vor allem konstruktive Mängel dafür verantwortlich sind, dass die herkömmlichen Absorptionskälteanlagen ihr Potenzial zur Ressourcenschonung nicht ausschöpfen und für die Anwender häufig nicht rentabel sind. „Tote Räume, die keinerlei Funktion haben, und sogenannte Flüssigkeitssümpfe aus Kälte- oder Lösungsmitteln, die in den Prozess gar nicht involviert sind, machen die Anlagen unnötig groß und träge“, sagt Stefan Petersen, der als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Fachgebiet Maschinen- und Energieanlagentechnik der TU Berlin an der Entwicklung federführend beteiligt war. Indem Wärmetauscher und das Gehäuse nicht wie bisher getrennt voneinander konstruiert, sondern als Einheit optimiert wurden, gelang es, unter anderem diese toten Räume zu vermeiden. „Mit dem Ergebnis, dass unsere Systeme nur noch die Hälfte der Zeit brauchen, um den Lastwechsel zu vollziehen beziehungsweise die Volllast zu erreichen.“ Benötigen die marktüblichen Absorptionskälteanlagen bislang circa 30 Minuten, sind die neuen bereits nach 15 Minuten auf Volllast. „Als wir mit dem Projekt begannen, erschienen 30 Prozent Zeitersparnis als realistisch. Dass wir den Zeitaufwand halbieren konnten, ist sehr viel mehr, als wir erwartet haben“, so Stefan Petersen. Außerdem brauchen die verbesserten Anlagen nur noch circa ein Drittel der Kälte- und Lösungsmittelmengen. Gerade Einsparungen beim Lösungsmittel, einem Salz-Wassergemisch, reduzieren nicht nur das Betriebsgewicht, sondern auch die Investitions- und Betriebskosten.
Zusammen mit den Kooperationspartnern der TU Berlin, der Arbeitsgemeinschaft für Wärme und Heizkraftwirtschaft (AGFW), dem Bundesindustrieverband Technische Gebäudeausrüstung (BTGA) und der TU Dresden, werden diese Analgen nun in umfangreichen Feldtests zur Marktreife vorangebracht und der Öffentlichkeit vorgestellt. Ziel der Praxistests ist es, Heizkraftwerke, die auf dem System der Kraft-Wärme-Kopplung basieren, effizienter zu machen. Das von Prof. Dr.-Ing. Felix Ziegler, Leiter des Fachgebietes Maschinen- und Energieanlagentechnik an der TU Berlin beantragte Forschungsprojekt „EnEff Wärme: Feldtest Absorptionskältetechnik für Kraft-Wärme-Kälte-Kopplungssysteme“ wird vom Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie mit 3,7 Millionen Euro über fünf Jahre gefördert.
Die Kraft-Wärme-Kopplung ermöglicht eine ressourcenschonende Energienutzung: Die bei der Stromerzeugung anfallende Wärme wird im Winter als Heizenergie genutzt. Jedoch liegt dieser ressourcenschonende und Emissionen reduzierende Vorteil der Kraft-Wärme-Kopplung im Sommer brach, da Wärme für Heizzwecke nicht gebraucht wird. Es sei denn, man kann die Abwärme zur Kühlung zum Beispiel von Rechenzentren, Büroräumen, Krankenhäusern und bei der Lebensmittelherstellung nutzen. Genau an dieser Stelle kommen die Absorptionskälteanlagen zum Einsatz. Sie wandeln die bei der Stromerzeugung generell anfallende Wärme in Kälte um. Damit wird zum einen die Auslastung und Effizienz der Kraft-Wärme-Kopplungs-Anlagen erhöht, denn die Wärme wird so das ganze Jahr über nutzbar. Zum anderen wird der Stromverbrauch im Sommer minimiert, denn 95 Prozent der Klimatisierungskälte wird derzeit noch von Kompressionskälteanlagen produziert, also von Systemen, die aus Strom Kälte erzeugen. „Angesichts der Tatsache, dass in Deutschland mittlerweile 15 Prozent des elektrischen Stroms zur Kühlung eingesetzt werden und hierzulande bis 2030 der Klimatisierungsbedarf um 50 Prozent zunehmen wird, ist es hinsichtlich des schonenden Umgangs mit Ressourcen notwendig, Klimatisierungskälte über die Kraft-Wärme-Kälte-Kopplung mittels effizienter Absorptionskälteanlagen, wie wir sie mit unseren Partnern entwickelt ha-ben, bereitzustellen“, sagt Stefan Petersen.
Bei 13 Stadtwerken zwischen Hamburg und Rosenheim soll die optimierte Absorptionskältetechnik getestet und für eine Serienproduktion vorbereitet werden. Zu welchem Marktpreis die Anlagen letztendlich verfügbar sein werden, auch das wollen die TU-Wissenschaftler zusammen mit ihren Partnern in dem Projekt herausfinden. Ziel ist es, die Kosten solcher Anlagen auf ein Drittel der bisherigen abzusenken.