Aus zwei mach eins: 3D-NanoChemiscope
Einzigartiges Analysegerät für Oberflächen
Empa
Was haben ein Pinguin und die Oberfläche einer Solarzelle miteinander zu tun? Nicht viel, gibt Empa-Physikerin Laetitia Bernard zu. Doch hätte sie schmunzeln müssen, als sich bei der Bearbeitung des Abbilds einer Polymermischung, die für die Herstellung von neuartigen organischen Solarzellen benötigt wird, an einer bestimmten Stelle immer deutlicher die Umrisse eines Pinguins herausschälten. Ein kleines Detail in der komplexen Welt der Hochleistungsmikroskopie. Das an der Empa entwickelte 3D-NanoChemiscope bildet Proben nicht nur nanometergenau ab, sondern kann auch erstmalig präzis Aufschluss darüber geben, welche chemischen Elemente sich in einer Probe wo angeordnet haben. Simultan und dreidimensional lassen sich damit mechanische Eigenschaften wie Härte, Elastizität oder Reibungskoeffizient, aber auch die chemischen Eigenschaften von Oberflächenstrukturen bestimmen. Im Falle des «Pinguin»-Bildes heisst das: das 3D-NanoChemiscope erfasst nicht nur die Umrisse des «Pinguins», sondern deckt auch auf, welche Polymere sich auf seinem «Schnabel», auf seinem «Auge» und «um ihn herum» angesiedelt haben. Mithilfe dieser Analyse können die SolarzellenforscherInnen effizient die Mechanismen ihrer Materialien kontrollieren und entsprechend Zusammensetzung oder Konzentration ihrer Polymermischung ändern. So lassen sich neue Strukturen und somit auch andere Eigenschaften für die Solarzelle herbeiführen.
Rasterkraftmikroskop und High-End-Massenspektrometer
Möglich macht diese Analyse das 3D-NanoChemiscope, das zwei bisherig unabhängige Techniken vereint. Das Rasterkraftmikroskop (SFM, von engl. «scanning force microscope») rastert mit einer ultrafeinen Nadel die Oberfläche ab, das High-End-Massenspektrometer (ToF-SIMS, von engl. «time-of-flight secondary ion mass spectrometry») ermittelt, aus welchen Stoffen sich die oberste monomolekulare Schicht der Festkörperoberfläche zusammensetzt, indem Ionenstrahlen das Material «beschiessen».
Wollte man bis anhin Oberflächen sowohl auf chemische als auch auf physikalische Eigenschaften untersuchen, so musste die Probe in zwei verschiedenen Geräte analysiert werden. Doch durch das Hin- und Hertragen vom einen zum anderen Gerät lief man immer Gefahr, die Probe zu verschmutzen oder zu oxidieren. Ausserdem war es praktisch unmöglich, die im SFM untersuchte Stelle exakt wiederzufinden. Was lag also näher, als die beiden Geräte zu «vereinen»? Damit stiessen die Physikerinnen und Maschinenentwickler bis anhin an ihre Grenzen. In einem vierjährigen, von der EU geförderten Projekt entwickelte Projektleiterin Laetitia Bernard mit Empa-ForscherInnen und Partnern aus Akademie und Industrie in akribischer Arbeit ein neues Gerät, in dem ein SFM und ein ToF-SIMS in einer Ultrahochvakuumkammer möglichst nah nebeneinander angeordnet sind.
Die MikroskopexpertInnen rüsteten das 3D-NanoChemiscope dazu mit einem neuartigen, eigens entwickelten Transportsystem aus, das die Probe auf einer Schiene mit einer Beschichtung aus diamantähnlichem Kohlenstoff (DLC) mittels Piezomotor sanft hin- und herschiebt. Der Probenhalter kann Bewegungen auf fünf Achsen ausführen, sodass sich die zu untersuchende Stelle aus den unterschiedlichsten Positionen analysieren lässt.
Nach seiner Fertigstellung steht der Prototyp – ein Ungetüm aus glänzendem Aluminium, 1 Meter lang, 70 Zentimeter breit und an die 1 Meter 70 hoch – nun beim Projektpartner ION-TOF GmbH im deutschen Münster im Einsatz und wird von Industriekunden und Forschungspartnern genutzt. Der Bau weiterer Geräte steht an, Kunden zeigen sich sehr interessiert und sind bereit, Beträge im siebenstelligen Frankenbereich dafür zu bezahlen.
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