Geheimnisse der Spinnenseide entschlüsselt
DECHEMA-Preis 2013 für Prof. Dr.-Ing. Thomas Scheibel
Spinnen sind faszinierende Geschöpfe. Betrachtet man ein Spinnennetz, so besticht es nicht nur durch seinen filigranen Aufbau. Die Spinnfäden sind dünner als ein menschliches Haar, aber reißfester als Stahl und dabei gleichzeitig elastischer als Gummi. Diese Eigenschaften machen sie zu einem idealen Rohstoff für medizinische und technische Anwendungen. Deshalb bemüht man sich seit langem, diesen Naturstoff industriell zu nutzen.
Thomas Scheibel und seinem Team ist es gelungen, Spinnenseide synthetisch in großtechnischen Maßstab herzustellen. Dadurch ist es möglich, neue Materialien für technische und medizinische Anwendungen zu entwickeln: zum Beispiel für Beschichtungen, Schäume und Gele oder Vliesstoffe, Fasern und Garne sowie Folien. Sie besitzen eine hohe Festigkeit und sind trotzdem sehr dehnbar. Diese Kombination war bisher nicht möglich.
Auch in der Biomedizin gibt es ein großes Potenzial für die Spinnenseide. Thomas Scheibel konnte aus Proteinen der Spinnenseide Kapseln herstellen, die erstmals zwei Funktionen gleichzeitig erfüllen: Sie schützen Enzyme vor den zersetzenden Proteasen und bieten gleichzeitig die Möglichkeit, die Aktivität der eingeschlossenen Enzyme von außen zu steuern und zu beobachten. Damit eröffnen sich unter anderem völlig neue Möglichkeiten in der Diagnostik.
Thomas Scheibel (Jahrgang 1969) studierte Biochemie an der Universität Regensburg und promovierte dort im Jahr 1998. Es folgte ein Postdoktorat an der University of Chicago/USA. 2002 übernahm er als Arbeitsgruppenleiter den Lehrstuhl für Biotechnologie an der TU München und habilitierte dort. Seit 2007 ist er Professor am Lehrstuhl Biomaterialien der Universität Bayreuth. Er ist Mitgründer und Gesellschafter der 2008 ausgegründeten AMSilk GmbH. Scheibel gehört dem Editorial Board verschiedener Zeitschriften an und ist Beirat des Kompetenznetzes Biomimetik des Landes Baden-Württemberg. Er wurde u.a. mit dem Karl-Heinz-Beckurts-Preis (2008) und der Heinz-Maier-Leibnitz Medaille (2007) ausgezeichnet.
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