Geoengineering kann den Klimawandel nicht aufhalten

Versuche, die Erde künstlich zu kühlen, würden den globalen Wasserhaushalt stark beeinträchtigen

11.12.2013 - Deutschland

Die Erde künstlich zu kühlen, würde den Klimawandel nicht rückgängig machen. Um den Treibhauseffekt in der Luft einzudämmen, erwägen manche Klimapolitiker, die Erde mit gigantischen Spiegeln im All oder großen Mengen an zusätzlichen Schwebteilchen in der Atmosphäre vom Sonnenlicht abzuschirmen. Wie Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts für Biogeochemie in Jena festgestellt haben, ließe sich so zwar bestenfalls die Oberflächentemperatur der Erde senken, gleichzeitig veränderte sich aber der globale Wasserkreislauf. Die Forscher haben berechnet, wie stark der globale Klimawandel den Wasserkreislauf beeinflusst und welche Auswirkungen Maßnahmen des Geoengineering auf ihn hätten. Demnach macht es für den Wasserkreislauf einen Unterschied, ob die Erderwärmung durch Sonnenlicht oder durch einen verstärkten Treibhauseffekt hervorgerufen wird.

© Annett Junginger; imaggeo.egu.eu

Im Zuge der Erderwärmung nimmt die Atmosphäre mehr Feuchtigkeit auf, sodass im globalen Kreislauf mehr Wasser transportiert wird. Daher nehmen auch Niederschläge zu. Das Bild zeigt einen Starkregen über der afrikanischen Savanne.

© Axel Kleidon und Maik Renner

Sollte der anthropogene Treibhauseffekt zu einer globalen Erwärmung von 5 Grad Celsius führen, so verstärkte sich den Rechnungen der Jenaer Forscher zufolge der Niederschlag um 11 Prozent (Sterne und roter Pfeil). Wollte man diese Erwärmung durch Abschirmung der Sonnenstrahlung kompensieren, nähme der Niederschlag jedoch stärker ab (blauer Pfeil). Daher ließe sich durch Geoengineering zwar möglicherweise die Temperaturänderung kompensieren, die Niederschlagsmenge würde im Vergleich zum heutigen Klima aber um fünf Prozent sinken. Eine kürzlich veröffentlichte Vergleichsstudie mit weitaus komplexeren Klimamodellen (Kreise) kommt zu ähnlichen Ergebnissen.

© Annett Junginger; imaggeo.egu.eu
© Axel Kleidon und Maik Renner

Niederschläge sollten in einer wärmeren Welt zunehmen. Wenn die Erdoberfläche durch den anthropogenen Treibhauseffekt aufgeheizt wird, kann die erwärmte Luft mehr Feuchtigkeit halten. Dies sollte zu mehr Verdunstung, mehr Niederschlag, und damit zu einem verstärkten Wasserkreislauf führen. Aufgrund physikalischer Gesetze kann die Luft mit jedem Grad Erwärmung etwa sieben Prozent mehr Feuchtigkeit aufnehmen. Die meisten Vorhersagen von Klimamodellen bestätigen eine damit verbundene Zunahme des Niederschlags, sie ermitteln allerdings nur eine Steigerung um etwa zwei Prozent pro Grad Erwärmung.

Die Gründe für diese Diskrepanz haben nun Axel Kleidon und sein Kollege Maik Renner  am Max-Planck-Institut für Biogeochemie in Jena aufgeklärt; die Ergebnisse ihrer Studie veröffentlichten sie in der Zeitschrift Earth System Dynamics der Europäischen Geowissenschaftlichen Union (EGU). Die Wissenschaftler haben die Prozesse, die die Oberfläche  erwärmen und abkühlen, aus thermodynamischer Sicht analysiert, sie haben also die Energieflüsse bei diesen Vorgängen untersucht.

Die Sonneneinstrahlung beeinflusst den Wasserkreislauf stärker als der Treibhauseffekt

Die Verdunstung spielt bei der Erderwärmung eine Schlüsselrolle, weil sie viel Energie benötigt. Da das verdunstete Wasser aber auch in die Atmosphäre transportiert werden muss, haben Kleidon und Renner eine physikalische Grenze für den Transport in höhere Atmosphärenschichten in ihre Rechnungen einbezogen und konnten damit erklären, warum im Zuge des Klimawandels nur zwei Prozent mehr Wasser durch das Erdsystem transportiert wird. Demnach kann die Atmosphäre in verschiedenen Höhen unterschiedliche Mengen Feuchtigkeit halten. In Bodennähe speichert sie nämlich deutlich mehr Wasser als in höheren Atmosphärenschichten, in denen die Feuchtigkeit kondensiert. Bei der Erwärmung ist die Änderung dieses Unterschieds entscheidend dafür, wie stark der Wasserkreislauf mit der Erderwärmung angekurbelt wird.

Kleidon und Renner fanden allerdings auch, dass der globale Wasserkreislauf sich nur dann um zwei Prozent verstärkt, wenn der Temperaturanstieg durch einen stärkeren Treibhauseffekt verursacht wird Findet die Erwärmung hingegen durch mehr Sonneneinstrahlung statt, nimmt der globale Niederschlag ihren Berechnungen zufolge stärker zu. Denn die Sonne erwärmt die Erdoberfläche stärker und führt ihr mehr Energie zu, sodass mehr Wasser verdunstet.

„Diese unterschiedlichen Auswirkungen der Erwärmung sind leicht zu erklären“, sagt Kleidon, und veranschaulicht die Situation mit  einem Topf auf dem Herd. „Die Temperatur in dem Topf lässt sich erhöhen, indem man entweder einen Deckel darauf setzt oder die Herdplatte stärker heizt. Beides führt zu einer Erwärmung, bei einer hochgeheizten Herdplatte fließt aber mehr Wärme durch den Topf als durch einen Topf mit Deckel“. Ähnliche Effekte finden in der Atmosphäre statt, wenn sie sich erwärmt: Ein stärkerer Treibhauseffekt entspricht einem dichteren Deckel, die Erwärmung durch Sonnenlicht dagegen dem Hochregeln der Herdplatte. Da mit einer stärkeren Sonneneinstrahlung jedoch mehr Wärme durch die Atmosphäre fließt, steigt die Verdunstung dabei stärker.

Geoengineering würde die globale Niederschlagsmenge überproportional senken

Diese Diskrepanz bei unterschiedlicher Erwärmung hat weitreichende Folgen. Frühere Studien zur globalen Klimaerwärmung unterscheiden meist nicht zwischen den beiden Gründen für die Erderwärmung. Axel Kleidon und Maik Renner zeigen dagegen, dass sich die verschiedenen Arten der Erwärmungen unterschiedlich auf den Wasserkreislauf und den Transport von Feuchtigkeit in höhere Atmosphärenschichten auswirkt. Ihre Ergebnisse haben wichtige Konsequenzen für mögliche Interventionen durch Geoengineering. Manche der in diesem Zusammenhang diskutierten Maßnahmen würden darauf abzielen, der Erwärmung durch stärkere Reflektion von Sonnenlicht entgegen zu wirken. Zu dem Zweck müssten etwa Spiegel im Weltall positioniert oder Staubteilchen in oberen Atmosphärenschichten freigesetzt werden.

Axel Kleidon und Maik Renner berechneten jedoch, dass der Wasserkreislauf um zwei Prozent und der Vertikaltransport um acht Prozent sänke, wenn die Temperatur mithilfe des Geoengineering um zwei Grad gesenkt würde. Ähnliche Effekte wurden auch in einer anderen, gerade veröffentlichten Vergleichsstudie von Klimamodellsimulationen zum Geoengineering beschrieben. „Das wäre, als ob man gleichzeitig einen Deckel auf den Topf setzte und die Herdplatte reduzierte“, erklärt Kleidon. „Während man in der Küche damit Energie sparen kann, führt Geoengineering im Erdsystem zu einer Verlangsamung des Wasserkreislaufs mit weitreichenden Auswirkungen“.

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