Gezielte Synthese von Naturstoffen mit Licht

Potenzielle Nutzung von Photoreaktionen für die Herstellung von Medikamenten

19.12.2013 - Deutschland

Photoreaktionen werden durch Lichtenergie angetrieben und sind entscheidend für die Synthese vieler Naturstoffe. Da diese beispielsweise als medizinische Wirkstoffe einsetzbar sind, möchten Chemiker sie mit Photoreaktionen künstlich herstellen. Doch in der Regel hat nur eines der möglichen Produkte die richtige räumliche und damit wirksame Struktur. Forscher der Technischen Universität München (TUM) haben nun für eine der wichtigsten Photoreaktionen eine Methodik entwickelt, mit der sie gezielt nur die gewünschte Molekülvariante herstellen können.

Richard Brimioulle / TUM

Die voluminöse Lewis-Säure (oben) schirmt das Substrat (unten) auf einer Seite so gut ab, dass in der Photoreaktion nur das gewünschte Produkt entsteht.

Unter Naturstoffen verstehen Chemiker Verbindungen, die von Organismen gebildet werden, um eine Vielzahl biologischer Funktionen zu erfüllen. Diese biologische Aktivität macht sie sehr interessant für den industriellen Einsatz, beispielsweise als Wirkstoffe für Medikamente oder als Pflanzenschutzmittel. Da viele Naturstoffe jedoch nur in geringen Mengen aus der Natur gewonnen werden können, arbeiten Chemiker daran, die Substanzen im Labor selbst zu synthetisieren.

Ein wesentliches Kriterium bei der Herstellung von Naturstoffen ist es, die Substanzen in der richtigen räumlichen Konfiguration herstellen zu können. Bei Photoreaktionen entstehen jedoch oft zwei unterschiedliche Varianten des Zielmoleküls, die sich wie Bild und Spiegelbild verhalten und die ganz unterschiedliche Eigenschaften haben können. Da nur eines der beiden Moleküle wirksam ist, möchten die Wissenschaftler die Entstehung der anderen Variante gerne vermeiden.

Ein besonderer Katalysator

Einen besonders eleganten Weg dies zu tun haben nun Thorsten Bach, Professor am Lehrstuhl für Organische Chemie I, und sein Doktorand Richard Brimioulle entdeckt. Ihr Trick: Sie geben eine kleine Menge einer elektronenarmen Verbindung, einer sogenannten Lewis-Säure, als Katalysator zu. Diese hat eine ganz bestimmte räumliche Struktur und bildet mit dem Ausgangsstoff einen Komplex.

Die Besonderheit der Reaktion ist, dass der Komplex aus Lewis-Säure und Ausgangsstoff eine niedrigere Anregungsenergie benötigt als der Ausgangsstoff alleine. „Strahlt man nur Licht dieser Wellenlänge ein, wird bevorzugt das gewünschte Produkt gebildet“, sagt Richard Brimioulle. „Für die unspezifische Reaktion des unkomplexierten Substrats reicht die Energie nicht aus.“ Ein weiterer Vorteil der Synthese: Die Lewis-Säure wird bei der Entstehung des Produkts wieder freigesetzt und kann mit dem nächsten Molekül des Ausgangsstoffs reagieren. Die Reaktion läuft zudem in nur einem einzigen Reaktionsschritt ab – ein wichtiges Kriterium für einen späteren industriellen Einsatz.

Eleganter Weg zu Naturstoffen

Photoreaktionen für den Aufbau von Naturstoffen einzusetzen ist schon länger Ziel der Wissenschaftler umProfessor Bach. Mit dieser Reaktionsart können selbst außergewöhnlich komplizierte Molekülgerüste schnell und effizient aus einfachen Ausgangsprodukten erzeugt werden. Ein solches Molekül ist beispielsweise Grandisol, ein Lockstoff des Baumwollkapselkäfers. Er wird bereits als Pflanzenschutzmitteln eingesetzt. Auch eine ganze Reihe anderer Wirkstoffe, die das Wachstum von Krebszellen mindern oder Bakterien abtöten, enthalten solche Strukturen und könnten als Medikamente geeignet sein.

Da auch andere Ausgangsstoffe in Gegenwart von Lewis-Säuren eine verringerte Anregungsenergie aufweisen, vermuten Bach und Brimioulle, dass sich die neue Methode zur Synthese vieler verschiedener Stoffe verwenden lässt. In zukünftigen Arbeiten möchten die Forscher zudem die Katalysatoren auch auf andere Typen von Photoreaktionen anwenden und so dieser Reaktionsart einen festen Platz unter den Synthesemethoden der organischen Chemie verschaffen.

Die Forschungsarbeiten wurden unterstützt mit Mitteln der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) und dem Fonds der Chemischen Industrie.

Originalveröffentlichung

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