Der Traum von leuchtenden Gläsern
Um diesem Traum näherzukommen, wird der Inhaber des Lehrstuhls für Glaschemie I derzeit von seinem chinesischen Fachkollegen Dr. Changgui Lin unterstützt. Lin ist seit Kurzem in Jena zu Gast und wird für zwei Jahre als Stipendiat der Alexander von Humboldt-Stiftung im Team von Prof. Rüssel forschen. Lins Ziel: Die guten formgebenden Eigenschaften von Glas und die guten optischen Eigenschaften von Kristallen miteinander kombinieren – um so Glas zum Leuchten zu bringen.
Physikalisch betrachtet ist Glas eine erstarrte Flüssigkeit ohne feste Kristallstruktur. Denn Glas entsteht durch rasches Abkühlen und Erstarren eines flüssigen Stoffgemisches. Dabei bleibt den Atomen nicht genug Zeit, sich in einem regelmäßigen Gitter anzuordnen. Die Herstellung von Glas lässt sich jedoch so steuern, dass Glaskeramiken mit kristallinen Strukturen entstehen. „Auch das Ausmaß der Kristallisation können wir gezielt beeinflussen“, erklärt Rüssel. „Je kleiner die entstehenden Kristalle sind, desto besser, da sie das Licht nicht streuen und das Glas lichtdurchlässig bleibt“, so der Forscher.
Bereits in der Vergangenheit ist es dem Jenaer Glaschemiker gelungen, Glaskeramiken mit Kristallen im Nanometerbereich herzustellen. Changgui Lin will nun den neuen Werkstoff hinsichtlich seiner Fluoreszenzeigenschaften weiter optimieren. „Ich werde dem Glas spezielle chemische Komponenten hinzufügen, wie etwa Metallfluoride und Ionen Seltener Erden“, sagt Lin. „Denn ob und in welcher Wellenlänge das Glas leuchtet, hängt von seiner chemischen Zusammensetzung ab“, erklärt der chinesische Wissenschaftler.
Changgui Lin lehrt seit 2010 als Assistenzprofessor an der Universität Ningbo in der ostchinesischen Provinz Zhèjiang. Davor studierte er an der Technischen Universität Wuhan Materialwissenschaften. Anschließend promovierte er in Wuhan und im französischen Rennes über die Kristallisation von Chalkogenidgläsern.
Seit etwa drei Wochen ist der 29-Jährige gemeinsam mit seiner Frau in Jena – und fühlt sich wohl: „Die Stadt ist im Vergleich zu meiner Heimatstadt sehr klein, aber das ist gut, denn ich kann viele Dinge zu Fuß erledigen“, sagt Lin. In den nächsten zwei Jahren will er mithilfe von Prof. Rüssel nicht nur wissenschaftlich vorankommen. Auch freut er sich darauf, die deutsche Kultur kennenzulernen: So habe er bereits zusammen mit seiner Frau einen Sprachkurs belegt und auch typisch deutsche Gerichte wie die Thüringer Bratwurst wolle er einmal probieren, sagt Lin. Als ein Bekannter aus dem Sprachkurs rohes Hackfleisch auspackte und ihm anbot, war er jedoch verwirrt: „Rohes Schweinefleisch, das ist mir dann doch zu abenteuerlich!“, sagt Lin und lacht.
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