Kleidung und Spielsachen aus China bergen oft Gefahren
(dpa-AFX) Das pinke Plastik-Handy war hübsch anzusehen, doch sein Ton viel zu laut. Wenn ein Kind es an sein Ohr halten würde, bekäme es einen Hörschaden. Eine Gefahr für die Kleinen war auch das Holz-Puzzle in Form einer Uhr mit bunten Ziffern für 5,49 Euro. Einige Teile sind so klein, dass Kleinkinder sie in den Mund nehmen und daran ersticken könnten. Schwarze Schnürschuhe für Erwachsene waren mit einer Chemikalie imprägniert, die wegen allergischer Reaktionen in der EU längst verboten ist. Bei all diesen gesundheitsgefährdenden Waren schlugen europäische Produktkontrolleure im vergangenen Jahr zu.
Sie zogen 2364 Produkte aus dem Verkehr - so viele wie nie zuvor in den vergangenen zehn Jahren seit Bestand des EU-Schnellwarnsystems "Rapex". Etwa die Hälfte der Fälle machten Textilien und Spielzeug aus. Knapp 2000 Waren stellten ein "ernsthaftes Risiko" dar und wurden sofort vom Verkauf ausgeschlossen.
Dabei macht die hohe Zahl der Funde dem EU-Verbraucherkommissar Neven Mimica keine Sorgen. "Dies ist das Ergebnis einer besseren Kontrolle", argumentiert Mimica - die immer lückenlosere Überwachung zeige Erfolge. Kritiker allerdings sehen das anders. Die europäische Verbraucherschutzorganisation Beuc bemängelt, dass die Dunkelziffer hoch sei und viele Prüfstellen in den vergangenen Jahren Personal abgebaut hätten. Auch EU-Kommissar Mimica räumt ein, dass immer noch "unsichere Verbrauchergüter auf den Märkten in Europa auftauchen" - obwohl Europa eines der höchsten Verbraucherschutzniveaus der Welt habe.
Bedenklich ist dagegen ein anderer Trend: Der jährliche "Rapex"- Bericht belegt, dass EU-Prüfer vor allem Waren aus China (inklusive Hongkong) als gefährlich einstufen und vom Verkauf ausschließen. Fast zwei Drittel der Waren auf der Negativliste stammten 2013 von dort. China gilt in der EU als Problemland - und das seit Jahren. Ein Grund dafür ist, dass China den europäischen Markt mit billigen Textilien und Spielzeug überschwemmt. Und genau diese Produktgattungen tauchen besonders häufig in der Liste der Warnungen auf. Waren aus Billiglohnländern enthalten laut Experten oft billige, aber gefährliche Chemikalien.
Peking hat inzwischen eine eigene Behörde für Produktsicherheit (AQSIQ) eingerichtet, mit der sich die europäischen Stellen austauschen. Allerdings verläuft die Kooperation offenbar nicht so reibungslos, wie sich die EU-Partner das vorstellen. EU-Kommissar Mimica lobte zwar, dass chinesische Behörden bei Beschwerden nach dem Produzenten und der Quelle forschten. Allerdings sei dies nur in etwas mehr als der Hälfte der Fälle erfolgreich, fast genau so oft passiere nichts. "In den anderen 50 Prozent der Fälle muss noch etwas getan werden", betonte Mimica.
Doch all zu scharf will Brüssel Peking dann doch nicht angehen. Denn die Beziehungen zum wichtigsten Handelspartner der EU stehen auf dem Spiel. Die 28-EU-Staaten importieren aus keinem anderen Land der Welt mehr Waren als aus China. Nach Angaben der EU-Kommission geht es dabei vor allem um Konsumgüter wie Schuhe und Kleidung, Spielsachen, Möbel und Maschinen. "China und Europa handeln mehr als eine Billion Euro am Tag", schreibt die EU-Kommission auf ihrer Webseite. Zudem bietet der chinesische Markt Exportchancen für europäische Firmen.
Das Motto lautet daher, erst einmal in Europa mehr zu tun. "Die Zeit zwischen der Warnung und der Reaktion der Mitgliedsstaaten muss kürzer werden, da gibt es noch Verbesserungsbedarf", schlug EU-Kommissar Mimica vor. Nur dann könne "Rapex" ein wirkliches Frühwarnsystem sein, das den Verbraucher früh informiere.
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