Simulationen für bessere transparente Oxidschichten
© Fraunhofer IWM
Sei es beim Smartphone, dem Tablet-PC oder dem Fahrkartenautomaten – viele Geräte werden heutzutage per Touchscreen bedient. Basis dieser Bildschirme sind spezielle Oxidschichten: Sie sind transparent und leiten elektrischen Strom. Experten sprechen auch von TCO-Schichten, kurz für transparent conducting oxides. Auch auf Solarzellen und in beheizbaren Fenstern leisten diese TCOs gute Dienste. Um mit neuen Produkten und Anwendungen Schritt halten zu können, entwickeln die Hersteller die Schichten ständig weiter: Sie sollen elektrischen Strom gut leiten und möglichst durchsichtig sein – schließlich sollen die Nutzer beim Display eines Tablet-PCs oder Smartphones durch die Schicht hindurch erkennen, was der Bildschirm anzeigt. Ein zusätzlicher Schimmer durch das Oxid würde dabei stören. Auch bei Solarzellen darf die Oxidschicht das Sonnenlicht nicht abschirmen, sondern muss es ungehindert in die Zelle lassen. Für neu entwickelte Oxidschichten sind somit Transparenz und Leitfähigkeit der Dreh- und Angelpunkt. Aber auch die Herstellungstemperatur und die Verformbarkeit der Schichten spielen eine Rolle.
Die Atomstruktur realitätsnah simulieren
Forscher am Fraunhofer-Institut für Werkstoffmechanik IWM in Freiburg unterstützen die Hersteller beim Optimieren der Oxidschichten. »Wir haben eine effektive und anwendungsorientierte Methode entwickelt, um die Eigenschaften von TCO-Schichten zu simulieren«, sagt Dr. Wolfgang Körner, Wissenschaftler am IWM. Der Clou: Die Wissenschaftler simulieren die Atomstruktur der Schichten besonders realitätsnah und unter Berücksichtigung von allen möglichen atomaren Fehlern – egal ob es sich dabei um ungeordnete amorphe oder kristalline, sehr geordnete Strukturen handelt. Anhand dieser Simulationen untersuchen sie, wie gut sich die Elektronen in der Schicht bewegen können, also wie gut das Oxid elektrischen Strom leitet. »Wir können gezielt nachverfolgen, wie sich die elektronische Zustandsdichte verändert, wenn wir die atomare Struktur der Schicht ändern«, erläutert Körner. Die Forscher können ebenfalls beantworten, ob das Licht absorbiert wird, oder ob es die Schicht ungehindert passiert und sie durchsichtig erscheinen lässt. »Wir verlagern die Trial-and-Error-Materialversuche in den Computer und können so viel schneller und kostengünstiger die Eigenschaften abschätzen, die die jeweilige Stoffzusammensetzung des betrachteten TCOs hat«, sagt Wolfgang Körner. In seinen Projekten vergrößert er das Verständnis dafür, wie die jeweiligen Eigenschaften der Oxidschichten entstehen. Dieses Verständnis hilft seinen Industriepartnern, ihre Produktionen zu verbessern oder gewünschte Oxidschicht-Eigenschaften zu erhalten.
Die wesentlichen Defekte, die in solchen Schichten auftreten, konnten die Forscher bereits finden. Die Strukturen lassen sich nie ganz fehlerfrei fertigen: Zwar sollten sie nur aus bestimmten Atomen bestehen, beispielsweise aus Zink, Zinn und Sauerstoff. Doch mogeln sich immer mal wieder auch andere Atome mit hinein, etwa Wasserstoffatome – und verändern somit die Leitfähigkeit und die Transparenz der Schicht. Doch welche Defekte im atomaren Aufbau mindern die Transparenz? Und wie kann man diese Defekte beseitigen und den Oxiden somit zu mehr Durchsichtigkeit verhelfen? Die Forscher fanden unter anderem heraus, dass es bei bestimmten Oxiden hilft, sie einmal zu geeignet hohen Temperaturen aufzuheizen oder in sauerstoffreicher Umgebung zu erwärmen.
In einem zweiten Ansatz drehen die Wissenschaftler den Spieß um: Sie fügen verschiedene Atome gezielt in die Struktur ein und simulieren, welche Auswirkungen das auf die Eigenschaften hat. Hierbei ist das Ziel, die Leitfähigkeit und die Transparenz mit den passenden »Verunreinigungen« noch weiter in die Höhe zu treiben und so ein Material im Computer designen zu können.