Röntgenuntersuchung ebnet Weg für innovative Solarzellenproduktion

Forscherteam durchleuchtet flexible Tandem-Solarzellen mit 3D-Mikroskop

11.09.2014 - Deutschland

Der scharfe Röntgenblick von DESYs Forschungslichtquelle PETRA III ebnet einer neuen Methode zur Produktion günstiger, flexibler und vielseitiger Doppel-Solarzellen den Weg in die Praxis. Das von dänischen Forschern entwickelte Verfahren ermöglicht die verlässliche Produktion effizienter Tandem-Kunststoffsolarzellen von vielen Metern Länge, wie die Gruppe um Forschungsleiter Jens W. Andreasen von der Dänischen Technischen Universität (DTU) in Roskilde im Fachjournal „Advanced Energy Materials“ berichtet.

Jens Wenzel Andreasen/DTU

Ptychographische Phasenkontrast-Projektion der Polymer-Tandemsolarzelle (zwei mal vier Mikrometer groß). Auf der Silberelektrode (breites grünes Band unten) liegt eine Schicht leitendes Polymer. Aus der Trennschicht zwischen den beiden darüber liegenden Solarzellen ist deutlich die schmale Lage Zinkoxid (dunkelblau) zu erkennen. Oberhalb der zweiten Solarzelle ist die zweite Elektrode zu sehen (grün mit rot). Das grüne Dreieck darüber ist der Rest einer Wolfram-Nadel, mit der die Probe unter dem Rasterelektronenmikroskop präpariert wurde.

Die Forscher benutzten ein Herstellungsverfahren, bei dem die verschiedenen Schichten einer Polymer-Solarzelle aus mehreren Lösungen auf einen flexiblen Trägerfilm aufgetragen werden. Auf diese Weise lässt sich die Kunststoff-Solarzelle schnell, günstig und nahezu in jeder gewünschten Länge produzieren. Da der unbeschichtete Trägerfilm von einer Rolle ab- und mit der Beschichtung auf die nächste Rolle wieder aufgerollt wird, heißt dieses Verfahren Roll-to-roll-Prozess. Mehrere Kilometer lange Einzelsolarzellen sind auf diese Weise bereits produziert worden.

Allerdings ist die Energieausbeute dieser Art von Solarzellen nicht sehr hoch. Um die Effizienz zu steigern, hat ein Team um DTU-Forscher Frederik C. Krebs ein Verfahren ersonnen, um eine zweite Polymer-Solarzelle auf die erste zu schichten, die für einen anderen Bereich des Sonnenspektrums empfindlich ist. Diese Tandem-Solarzelle wandelt entsprechend einen größeren Anteil des Sonnenlichts in elektrischen Strom um und erhöht so die Energieausbeute.

Die Multi-Beschichtung birgt allerdings neue Herausforderungen, wie Andreasen erläutert: „Laboruntersuchungen haben gezeigt, dass fertige Schichten durch das Lösungsmittel der folgenden Schicht wieder angelöst werden können, was zum kompletten Ausfall der Solarzelle führt.“ Um das Lösen der ersten Solarzelle zu verhindern, haben die Wissenschaftler eine sorgfältig komponierte Schutzschicht zwischen den beiden Solarzellen ihrer Tandem-Beschichtung eingeführt. Diese Schutzschicht enthält unter anderem eine nur 40 Nanometer (millionstel Millimeter) dünne Schicht Zinkoxid (ZnO) - das ist rund tausendmal dünner als ein menschliches Haar.

Um die Form und Unversehrtheit der Schutzschicht und der übrigen Schichten der Tandem-Solarzelle zu überprüfen, nutzten die Forscher den außergewöhnlich scharfen Röntgenblick von PETRA III. „Die Solarzellenstruktur ist sehr filigran und besteht aus zwölf einzelnen Schichten. Die gesamte Struktur abzubilden, ist eine Herausforderung“, berichtet Ko-Autorin Juliane Reinhardt, die an der DESY-Messstation P06 arbeitet, an der die Untersuchungen stattfanden. „Und die Probe war lediglich zwei mal vier Mikrometer groß.“ Ein Mikrometer ist ein tausendstel Millimeter.

Dennoch konnten die Forscher mit dem hellen Röntgenlicht von PETRA III und einer Technik namens 3D-Ptychographie in die Probe hineinschauen und dabei die feinen Details der filigranen Schichtstruktur auflösen. Die Röntgen-Ptychographie rekonstruiert Form und chemischen Kontrast einer Probe aus der Art und Weise wie sie das einfallende Röntgenlicht streut. Für eine komplette 3D-Rekonstruktion muss die Probe allerdings von allen Seiten und aus zahlreichen Winkeln aufgenommen werden. Vorteil der Ptychographie: Die Kombination der sich überlappenden Streubilder liefert eine höhere räumliche Auflösung als es mit der konventionellen Röntgen-Abbildung physikalisch möglich wäre. Und anders als etwa ein hochauflösendes Elektronenmikroskop kann die Röntgen-Ptychographie dabei auch tief in die Probe hineinspähen.

„Mit Hilfe der 3D-Ptychographie konnten wir die komplette roll-to-roll-beschichtete Tandem-Solarzelle abbilden und unter anderem die Unversehrtheit der 40 Nanometer dünnen Zinkoxidschicht in der Schutzschicht zeigen, die erfolgreich die tieferen Lagen vor einer Beschädigung durch Lösungsmittel bewahrt hat“, erläutert DESY-Forscher Gerald Falkenberg, Leiter der Messstation P06. „Dies sind die 3D-Ptychographie-Messungen mit der höchsten räumlichen Auflösung, die uns bisher gelungen sind. Die Ergebnisse zeigen, dass die untere Solarzelle durch eine Zwischenschicht mit der richtigen Zusammensetzung vor der erneuten Lösung geschützt werden kann.“

Dieses Ergebnis ebnet den Weg zu einer möglichen industriellen Anwendung der Technik. „Ein komplexer Multilagen-Aufbau wie eine Polymer-Tandemsolarzelle kann auf verschiedene Weisen versagen“, erläutert Andreasen. „Mit Hilfe der 3D-Ptychographie konnten wir zeigen, dass der Aufbau der Substrat-Elektrode die gute Leitfähigkeit der grob strukturierten Silberelektrode mit den guten filmbildenden Eigenschaften eines leitenden Polymers vereint, das in die Silberelektrode eindringt und eine glatte Oberfläche für die folgenden Schichten bildet.“ Das erlaubt das Auftragen sehr dünner Schichten mit sehr hoher Geschwindigkeit, wobei sich weiterhin zusammenhängende Lagen ohne Löcher bilden.

Der Blick auf die gesamte Struktur kann darüber hinaus Informationen für eine mögliche Optimierung der Solarzelle oder des Produktionsverfahrens liefern. „Im Prinzip stellen wir die Elemente her, ohne die innere Struktur zu kennen. Aber mit Kenntnis der inneren Struktur wissen wir, welche Parameter wir modifizieren können und welche Faktoren wichtig sind für die Architektur des Elements, zum Beispiel die genaue Art der Substrat-Elektrode und die Zusammensetzung der Zwischenschicht“, betont Andreasen. „Wir konnten jetzt belegen, dass wir lückenlose, homogene Schichten im Roll-to-roll-Verfahren aus Lösung herstellen können, und zwar mit einer Geschwindigkeit von mehreren Metern pro Minute. Wir haben zum einen gezeigt, dass eine Herstellung von Tandem-Solarzellen im Roll-to-roll-Verfahren möglich ist, wobei alle Schichten aus Lösungen aufgetragen werden, und zum anderen, dass dies nur mit einer speziellen Zusammensetzung der Schutzschicht zwischen den beiden Solarzellen möglich ist.“

Die in diesem Versuch produzierte Polymer-Tandemsolarzelle wandelt 2,67 Prozent des einfallenden Sonnenlichts in Strom um, was deutlich unterhalb des Wirkungsgrads konventioneller Solarzellen liegt. „Der Wirkungsgrad ist zwar sieben- bis achtmal niedriger als bei konventionellen Solarzellen, aber man sollte bedenken, dass die Produktionskosten bei diesem Typ Solarzellen mehrere Größenordnungen unter denen für konventionelle Solarzellen liegen. Das ist der besondere Vorteil von Polymer-Solarzellen“, erläutert Andreasen. „Darüber hinaus ist dies die erste roll-to-roll-beschichtete Tandem-Solarzelle, deren kombinierter Wirkungsgrad tatsächlich über dem der beiden Einzelzellen liegt.“

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