Von der Science Fiction auf dem Weg in die Realität: Chemisch angetriebene Mikro- und Nanomotoren

Nanomotoren auf der Überholspur

17.12.2014 - Deutschland

Spätestens seit dem Film „Die phantastische Reise“ von 1966, in dem ein U-Boot geschrumpft und in die Blutbahn eines Menschen injiziert wird, spukt die Idee in unseren Köpfen herum, eines Tages winzige „Mikromaschinen“ und „Nanoroboter“ filigrane „Reparaturarbeiten“ in unseren Organen oder gar einzelnen Zellen durchführen zu lassen. Inzwischen scheint dies in den Bereich des Möglichen zu rücken. Stuttgarter Wissenschaftler präsentieren in der Zeitschrift Angewandte Chemie den aktuellen Stand der Forschung auf dem Gebiet der katalytischen Mikro- und Nanomotoren.

Damit sich die winzigen Motoren in Bewegung setzen, können sie extern angetrieben werden, etwa durch elektrische oder magnetische Felder oder Schallwellen. „Mikro- und Nanomotoren mit Selbstantrieb können autonom agieren, indem sie sich, z.B. durch katalytische Reaktionen, in Flüssigkeiten selbst antreiben“, erläutern Samuel Sánchez und seine Co-Autoren vom Max-Planck-Institut für Intelligente Systeme in Stuttgart in ihrem Übersichtsartikel. „Ferngesteuerte Nanomotoren können eine Ladung zu den gewünschten Zielen transportieren, sich in Biomaterialien hineinbohren, ihre Umgebung abtasten, Flüssigkeiten vermischen oder pumpen und verunreinigtes Wasser säubern“, so Sánchez. Derzeit bestehe das wissenschaftliche Ziel darin, die beste Architektur für den Selbstantrieb zu finden, den Bewegungsmechanismus zu verstehen und eine genaue Steuerung der Bewegung zu erzielen. Zudem steht die Suche nach biokompatiblen Treibstoffen und Antriebsformen im Vordergrund.

Rein synthetische Mikro- und Nanomotoren haben meist die Form von Nanodrähten, -kugeln oder -röhren. Nanodrähte aus Kombinationen verschiedener Metalle können z.B. durch eine so genannte Selbstelektrophorese angetrieben werden, bei der sie sich als Folge einer asymmetrischen Ionenverteilung in einem selbsterzeugten elektrischen Feld fortbewegen. Interessant sind auch Nanokügelchen mit zwei unterschiedlichen Hemisphären. So kann eine Hälfte mit einem Katalysator beschichtet sein und für eine asymmetrische Verteilung von Reaktionsprodukten sorgen, die die Kügelchen vorantreibt. Düsenförmige innen mit einem Katalysator beschichtete Mikro- oder Nanoröhrchen sind besonders vielseitig und leistungsstark, wenn sie über einen Blasenantrieb verfügen: In ihrem Inneren findet eine katalytische Reaktion statt, bei der ein Gas entsteht, meist Sauerstoff, der als Blasen aus der breiteren Öffnung austritt und die Düsen antreibt. Als „Treibstoff“ dient meist Wasserstoffperoxid. In immobilisierter Form dienen die Düsen auch als Mikropumpen, etwa für mikrofluidische Diagnostik- und Analyse-Chips.

Im biomedizinischen Bereich hofft man beispielsweise auf Mikromotoren, die sich selektiv in Tumorzellen hineinbohren und diese zerstören. Selbstangetriebene Nanotransporter könnten Wirkstoffe gezielt zu erkrankten Organen transportieren. Andere potenzielle Anwendungen stammen aus dem Bereich der Umweltsanierung. „So können hydrophob beschichtete Mikromotoren Öltropfen aus kontaminiertem Wasser abfangen und abtransportieren. Andere können organische Schadstoffe in Wasser abbauen und dabei die Lösung aktiv mischen“ berichtet Sánchez.

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