Wie teuer wird Dresser Rand?
Ölpreis bei Siemens-HV im Fokus
(dpa-AFX) An der Tankstelle freuen sich Siemens-Aktionäre vermutlich über günstigen Sprit - doch mit Blick auf ihren Konzern könnte ihnen der Ölpreisverfall Sorgen bereiten. Denn spätestens mit der Übernahme des Industriezulieferers Dresser Rand wettet der Dax-Konzern auf ein kräftiges Wachstum der Öl- und Gasbranche. Das dürfte am Dienstag (27. Januar) auf der Hauptversammlung in München ein großes Thema sein, wenn Konzernchef Joe Kaeser vor die Anteilseigner tritt und außerdem die Bilanz für das erste Geschäftsquartal (Ende Dezember) vorlegt.
Denn große Ölkonzerne schieben derzeit Milliarden-Investitionen auf die lange Bank, Experten rechnen für 2015 mit 10 bis 15 Prozent geringeren Ausgaben. Der Bergbauriese BHP Billiton etwa will nur noch 16 seiner 26 Bohranlagen auf dem US-Festland betreiben. Das trifft die Zulieferer der Branche wie eben Dresser Rand, die von den Investitionen der Schwergewichte leben.
Der Dienstleister Baker Hughes streicht bereits 7000 Stellen, weil er die US-Frackingindustrie auf Schrumpfkurs sieht. Und mit Schlumberger kündigte die größte US-Ölservicefirma sogar den Abbau von 9000 Jobs an. Wegen Sonderbelastungen - auch bedingt durch den Ölpreis-Verfall - brach ihr Gewinn im vierten Quartal um 80 Prozent ein.
Seit Rohöl innerhalb weniger Monate rund die Hälfte an Wert verloren hat, steckt die Branche in einer herben Krise. Doch Siemens-Chef Joe Kaeser betont, dass die niedrigen Energiepreise auch einen Extraschub für die übrigen Wirtschaftszweige bedeuteten - und dass der breit aufgestellte Konzern davon profitieren dürfte. Außerdem sei Dresser Rand nicht nur vom umstrittenen Fracking-Geschäft mit Schiefergas abhängig, sondern mache große Teile seines Umsatzes im weniger schwankungsanfälligen Servicebereich. Und schlussendlich setzt Kaeser mittelfristig wieder auf steigende Ölpreise.
Trotzdem steht die Übernahme unter verschärfter Beobachtung. Der 7,6 Milliarden US-Dollar schwere Deal galt schon bei Bekanntgabe im September nicht als Schnäppchen - und zu dem Zeitpunkt lag der Ölpreis noch um 90 US-Dollar. Nur Tage später begann der Absturz. "Das war Pech", sagte Siemens' Gesamtbetriebsratsvorsitzende Birgit Steinborn nun dem "Handelsblatt".
Und der Zukauf dürfte nicht nur umgerechnet in den schwächelnden Euro noch teurer werden. Die ausgehandelten 83 Dollar je Aktie gelten nur, wenn das Geschäft vor dem 1. März unter Dach und Fach ist. Ansonsten steigt der Preis laut Siemens-Geschäftsbericht über eine Art Verzugsgebühr (Ticking Fee) monatlich um 0,55 Dollar je Aktie oder insgesamt 43 Millionen Dollar. Die Münchner warten noch auf die Freigabe einiger Kartellbehörden. Erfolgt der Abschluss im Juli - Siemens selbst rechnet mit einem Termin im Sommer - kämen 215 Millionen Dollar Aufschlag zusammen.
Im abgelaufenen ersten Geschäftsquartal musste das margenstarke Energiegeschäft vermutlich Abstriche machen. Denn die maue Nachfrage nach großen Gasturbinen plagt den Konzern. Laut Siemens rechnen Analysten im Schnitt mit 426 Millionen Euro operativem Gewinn in der Sparte Power & Gas - ein Fünftel weniger als vor einem Jahr.
Konzernweit dürfte der Überschuss laut Experten um neun Prozent auf 1,2 Milliarden Euro sinken. Beim Umsatz erwarten sie 17,2 Milliarden Euro, etwa zwei Prozent mehr als ein Jahr zuvor. Mit 19,2 Milliarden Euro sollten die Aufträge deutlich über den Erlösen liegen - aber unter den 20,7 Milliarden aus dem Vorjahr. Das Industriegeschäft dürfte 1,8 Milliarden operativen Gewinn eingefahren haben, ein Minus von knapp fünf Prozent.
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