Designer-Elektronik aus dem Drucker
Optimiertes Druckverfahren ermöglicht maßgeschneiderte Organische Elektronik
Christoph Hohmann / Nanosystems Initiative Munich
Solarzellen aus dem Drucker? Das schien vor wenigen Jahren noch undenkbar. Es gab kaum Alternativen zur klassischen Siliziumtechnik. Mittlerweile können Touchscreens, Sensoren und Solarzellen aus elektrisch leitfähigem Kunststoff gefertigt werden. In Entwicklung sind flexible Monitore und Leuchttapeten, die aus organischen Leuchtdioden, kurz OLEDS, bestehen. Die „Organische Elektronik“ gilt als vielversprechender Zukunftsmarkt.
Die Technologie hat jedoch ihre Tücken: Um die gewünschten Bauteile industriell herzustellen, muss man leitende, halbleitende oder isolierende Schichten – jede von ihnen tausendmal dünner als ein Haar – in einer bestimmten Abfolge auf eine Trägerfolie aufdrucken. „Dies ist ein hochkomplexer Vorgang, dessen Details vollständig verstanden werden müssen, um maßgeschneiderte Anwendungen zu ermöglichen“, erklärt Prof. Peter Müller-Buschbaum vom Lehrstuhl für Funktionelle Materialien der TU München.
Eine weitere Herausforderung ist die Kontaktierung der flexiblen, leitfähigen Schichten. Bisher werden dafür häufig elektrische Kontakte aus kristallinem Indium-Zinn-Oxid genommen. Dieser Aufbau hat jedoch mehrere Nachteile: Das Oxid ist spröder als die darüber liegenden Polymere, was die Flexibilität der Zellen einschränkt. Für die Herstellung wird außerdem viel Energie benötigt. Hinzu kommt, dass Indium zu den selteneren Elementen gehört, die nur in sehr begrenzten Mengen verfügbar sind.
Polymere im Röntgenlicht
Vor wenigen Monaten gelang es Forschern vom Lawrence Berkeley National Laboratory in Kalifornien erstmals die Vernetzung der Polymermoleküle in der aktiven Schicht einer organischen Solarzelle während des Druckens zu verfolgen. Zusammen mit den Kollegen aus Kalifornien nutzte nun Müller-Buschbaums Team diese Technik, um die Eigenschaften der Polymer-Elektronik zu verbessern.
Für ihre Untersuchung verwendeten die Forscher Röntgenstrahlung, die am Synchrotron in Berkeley erzeugt wird. Das Röntgenlicht wird auf die frisch gedruckte Kunststoffschicht geleitet und dort gestreut. Die Veränderung des Streumusters ermöglicht die Bestimmung der Anordnung und Orientierung der Moleküle beim Aushärten der gedruckten Filme.
„Dank der hochintensiven Röntgenstrahlung lässt sich eine sehr hohe Zeitauflösung erzielen“, sagt Claudia M. Palumbiny. Die TUM-Physikerin untersuchte in Berkeley die „Blockierschicht“, die in der organischen Elektronik die Ladungsträger sortiert und selektiv transportiert. Das Ergebnis veröffentlicht das Forscherteam der TUM jetzt zusammen mit den US-Kollegen in der Fachzeitschrift Advanced Materials.
Maßgeschneiderte Eigenschaften
„Wir konnten in der Arbeit erstmals zeigen, dass schon kleine Veränderungen der physikalisch-chemischen Prozessbedingungen Aufbau und Eigenschaften der Schicht erheblich beeinflussen“, sagt Claudia M. Palumbiny. „Die Zugabe von Lösungsmitteln mit hohem Siedepunkt führt beispielsweise dazu, dass sich die Kunststoffkomponenten leichter entmischen. Dies hat zur Folge, dass die leitfähigen Moleküle besser kristallisieren. Der Abstand zwischen den Molekülen nimmt ab und die Leitfähigkeit steigt.“
Stabilität und Leitfähigkeit lassen sich auf diese Weise so weit steigern, dass sich das Material nicht nur als Blockierschicht, sondern sogar als transparenter, elektrischer Kontakt einsetzen lässt. Damit ließen sich die spröden Indium-Zinn-Oxid-Schichten ersetzen. „Im Ergebnis hieße das, dass alle Schichten nach dem gleichen Verfahren hergestellt werden könnten,“ erläutert Palumbiny. „Das wäre für die Hersteller ein großer Gewinn.
Damit dies eines Tages möglich wird, wollen die TUM-Forscher das Elektrodenmaterial weiter untersuchen, optimieren und ihr Know-how der Industrie zur Verfügung stellen. „Wir haben jetzt die Grundlage dafür geschaffen, mit künftigen Untersuchungen die Materialentwicklung so weit vorantreiben zu können, dass Industrieunternehmen diese aufgreifen können“, erklärt Prof. Müller-Buschbaum.