ABattReLife: Ursachen für Batteriealterung
Drei Jahre lang untersuchten die Projektpartner in fünf Projektschritten die Ursachen für die Alterung von Elektrofahrzeug-Batterien sowie Möglichkeiten, den Alterungsprozess aufzuhalten oder wenigstens zu verlangsamen und gealterte Batterien einer Zweitverwertung bzw. einem finalen Recycling zuzuführen.
Nach einer Begrüßung durch Prof. Dr. Gerhard Sextl, dem Leiter des Fraunhofer ISC, und Holger Czuday, dem Projektleiter von Bayern Innovativ, präsentierte Simon Schuster von der Technischen Universität München, wie sich unterschiedliche Betriebsbedingungen beim Laden und Entladen auf das Alterungsverhalten auswirken. In der Elektromobilität wird üblicherweise eine Restkapazität von 80% als Betriebsende definiert. Bis zu diesem Wert altern Lithium-Ionen Batterien mit moderater und konstanter Geschwindigkeit. Manche Batterien zeigen bei Restkapazitäten von weniger als 80% eine Änderung ihres Verhaltens. Die Leistungskurve erfährt einen deutlichen Knick und die nichtlineare Alterung beginnt. Begünstigt wird dies durch zu hohe Laderaten, zu hohe Entladetiefen und zu niedrige Temperaturen. Der Einbruch der Leistungsdaten konnte bei den im Projekt untersuchten Batteriezellen durch reduzierten Ladestrom, Spannungsbegrenzung und höhere Temperaturen, idealerweise circa 35 °C, verzögert werden.
Tobias Bach, der als Projektleiter ABattReLife des Fraunhofer ISC das Innenleben der Batteriezellen untersuchte, zeigte auf, dass deren Komponenten sichtbare Veränderungen aufwiesen. Während die positiv Elektrode kaum Veränderungen zeigte, war die negative Graphitelektrode durch Mikrorisse, Ablagerungen und einen metallischen Lithiumschleier beeinträchtigt. Um Eigenschaften der untersuchten Batterien nicht zu verfälschen, wurden sie unter Schutzglas geöffnet. Um die Batterien ortsaufgelöst zu untersuchen, wurden kleine Laborzellen aus verschiedenen Teilen der Elektroden gebaut. Es wurde festgestellt, dass kurz vor dem Leistungsknick kleine Bereiche starke Veränderungen aufwiesen. Diese begrenzten Bereiche zeigten Beeinträchtigungen in Form des sogenannten Lithium-Platings. Mittels Computertomographie konnten die Wissenschaftler des Fraunhofer ISC festellen, dass diese Bereiche durch einen Ableiter stärker komprimiert wurden als der Rest der Batterie. Daraus ließ sich schließen, dass der Druck eine lokale Überladung erzeugt, die zu massivem Lithiumverlust führt und diesen Bereich zerstört. Da das Plating irreversibel ist, greift der Vorgang auf benachbarte Bereiche über – die Batterie hat ihr Lebensende erreicht. Die gefundenen Zusammenhänge zeigen auf, warum manche Batterietypen für die Zweitverwendung weniger geeignet sind als andere und was beachtet werden muss, um Batterien aus der Elektromobilität für stationäre Anwendungen wiederverwenden zu können.
Batterien aus der Elektromobilität finden schon heute weitere Verwendung. Bernd Baumgartner, Geschäftsführer Beck Automation, stellte praktische Anwendungen in stationären Energiespeichern, wie zum Beispiel im Vattenfall Infopavillon in Hamburg, vor. Die von Beck Automation entwickelten Speicher sollten aus leicht verfügbaren Komponenten bestehen, für nachträgliche Anpassungen offen sein, breite Einsatzmöglichkeiten aufweisen und überall anwendbar sein. Genutzt wurden von BMW zur Verfügung gestellte Batteriemodule. Ziel des noch laufenden Projekts ist es, die Eigenversorgung zu fördern, das Stromnetz zu entlasten, Verbrauchsspitzen auszugleichen, in Notfällen Strom bereitzustellen und über den Tag hinweg Ladevorgänge zu optimieren.
Anna Gellner und Lutz Wuschke der technischen Universität Bergakademie Freiberg entwickelten ein mechanisches Recyclingverfahren für Batterien aus Elektrofahrzeugen, das im Gegensatz zu bisherien Systemen kosten- und energiesparend sein sollte und mehr Einzelkomponenten zurückgewinnen konnte. Nach der vollständigen Entladung setzten sie hauptsächlich auf mechanische Zerkleinerungsverfahren, die eine daran anknüpfende Sortierung mittels Siebklassierung, Magnetscheidung und Dichtesortierung möglich machte. So konnten rund 50% der Stoffe wiedergewonnen werden. Während der Entwicklung wurde jedoch auch deutlich, dass das Verfahren an unterschiedliche Batterietypen angepasst werden musste und dass der Aufwand sich je nach Stoffkomponente wesentlich unterschied. Das Recyclingverfahren wurde bereits soweit optimiert, um es im Pilotmaßstab zu verwenden. Es bleibt jedoch die Frage offen, inwieweit eine weitere Verbesserung bei größerer Anstrengung sinnvoll und wirtschaftlich erscheint.
Während der anschließenden Führung durch die Labor- und Technikumsräume für Elektrochemie, Analytik und Beschichtung des Fraunhofer ISC zeigte Tobias Bach die einzelnen Arbeitsstationen inklusive der hochspezialisierten Ausstattung, die die untersuchten Batteriezellen bei der Post-Mortem-Analyse durchliefen, und beantwortete weitere Fragen der Teilnehmer zum Projekt.
In den zwei abschließenden Workshops konnten die Teilnehmer mit den Projektpartnern in einem offenen Dialog ihre Ideen und Fragen diskutieren. Schwerpunkt waren die Betriebs- und Umgebungsbedingungen, die den Alterungsmechanismus beeinflussen, sowie die Chancen und Risiken, die sich für eine Weiterverwendung von Batteriezellen nach der automobilen Anwendung ergeben.
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