Neuartige Lasermesstechnik für die Prozessoptimierung in der chemischen Industrie

08.07.2015 - Deutschland

Modulares, schnelles und präzises Messprinzip zur Erkennung von Verunreinigungen in Flüssigkeiten und Gasen: Abgeschlossenes BMBF-Verbundprojekt OIFA realisiert erste Geräte für den Einsatz in großtechnischen Anlagen.

Im Alltag unserer modernen Welt sind technisch hochfunktionale Produkte seit Jahrzehnten unentbehrlich geworden. Die dahinter stehenden Herstellungsprozesse wurden dabei stetig weiter entwickelt, wobei das Augenmerk neben der Produktqualität zunehmend auch auf eine möglichst effiziente und umweltschonende Herstellung gelegt wird. Produktverunreinigungen oder toxische Belastungen sind über eine Verbesserung der Prozessregelung bestmöglich zu vermeiden. Eine solche Modifizierung der Herstellungsverfahren zeigt ökonomisch und ökologisch signifikante Auswirkungen.

Grundvoraussetzung für diese Optimierungsvorgänge sind jedoch geeignete und möglichst universell anwendbare sensorische Methoden und Geräte, an die immer höhere Ansprüche gestellt werden. Die am Markt befindlichen Geräte sind in vielen Fällen ungeeignet oder zumindest zu langsam und unempfindlich bezüglich der notwendigen Nachweisgrenzen. Basierend auf neuartigen optischen Methoden ist die Prozessanalysentechnik (PAT) in der Lage, diese offenen Fragestellungen zu beantworten.

Geringste Verunreinigungen im Verhältnis von 1:1 Milliarde immer noch messbar

In der Zeit von Juni 2012 bis Mai 2015 wurde daher das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderte Verbundprojekt "Optische Inline-Fluid-Analyse basierend auf MIR-Laserstrahlquellen - OIFA" im Rahmen der Initiative "KMU-innovativ: Photonik/Optische Technologien" durchgeführt. Innerhalb des Vorhabens sollte erstmalig eine neuartige, hochempfindliche und extrem schnelle optische Messtechnik in Form von modularen, robusten Prozessgeräten realisiert werden, die universell zur Messung geringster Verunreinigungen in verschiedensten Prozessfluiden, d.h. Gasen und Flüssigkeiten eingesetzt werden können.

Auf eine aufwendige Probenvorbereitung oder Entnahme soll ebenso verzichtet werden, wie auf die typische Infrastruktur zum Betrieb von Laboranalysegeräten (z.B. klimatisierte Räume). Stattdessen ist die neue Messtechnik direkt am Ort des Entstehens der nachzuweisenden Substanzen einsetzbar, beispielsweise in/an der Prozessmedium führenden Rohrleitung (inline). Dabei gilt ein besonderes Augenmerk den extremen Umgebungsbedingungen, unter denen derartige Präzisionsgeräte bisher nicht verwendet werden konnten.

Ermöglicht wird das vorgeschlagene Messkonzept unter anderem durch erst seit kurzem verfügbare, kompakte und zuverlässige Infrarot-Laser, die 1994 erfunden und in den vergangenen Jahren von verschiedenen Herstellern marktreif gemacht wurden. Diese stecknadelkopfgroßen Halbleiterlaser emittieren Licht im mittleren Infrarotbereich (MIR) und eignen sich somit hervorragend zur Messung von einer Vielzahl von Substanzen, die in diesem Spektralbereich das Licht absorbieren und somit in dem dazugehörigen Messgerät zu einer entsprechend auswertbaren Signaländerung führen.

Dabei sind typischerweise geringste Konzentrationen im parts-per-billion Bereich nachweisbar, d.h. bei einer Verdünnung der nachzuweisenden Substanz im Verhältnis 1:1 Milliarde ist sie noch immer messbar. Diese herausragende Empfindlichkeit, gepaart mit der schnellen Messung ist das Alleinstellungsmerkmal der in diesem Projekt realisierten Technologie und eröffnet ganz neue Möglichkeiten für die Messung von Substanzen, die in geringsten Mengen bereits große Auswirkungen auf industrielle Prozesse, die Umwelt und nicht zuletzt den Menschen haben können.

In Kombination mit dem Wissen um den Aufbau robuster optischer Messtechnik für den industriellen Einsatz und unter Mitwirkung eines potentiellen späteren Anwenders sollte zielstrebig ein Beitrag zur Schließung der oben genannten Marktlücke für hochempfindliche und schnelle optische Sensoren geleistet werden. Zur Beurteilung der industriellen Verwertbarkeit wurden im Laufe des Projektes entsprechende Demonstratoren aufgebaut und im industriellen Umfeld getestet.

Ziele und erste Anwendungen des neuartigen Konzepts

Das Verbundprojekt hatte somit drei wesentliche und scharf formulierte Ziele (wobei die Erreichung des ersten Ziels die Grundvoraussetzung für das Erreichen der beiden Anderen war):

1. Realisierung eines neuartigen Heterodyn-Messkonzeptes, indem die Strahlung mehrerer Infrarotlaser in einem Gerät kombiniert und gemeinsam gemessen wird. Dabei konnte mittels preiswerter Kaufkomponenten und einer speziellen, selbst entwickelten Elektronik und Software ein hervorragendes Signal-zu-Rauschverhältnis für die verschiedenen Messkanäle erreicht und gleichzeitig eine äußerst kosteneffiziente Lösung realisiert werden.

2. Als nächstes Stand die Anwendung des o.g. Messprinzips zur Detektion von geringen Gaskonzentrationen (Verunreinigungen) in einem Prozessgasstrom mit hoher Temperatur, Druck und Volumendurchsatz im Vordergrund. Dabei sollte das System insbesondere auch schnell (im Sekundenbereich) Messergebnisse liefern, damit entsprechende Regelkreise zügig in den Prozess eingreifen können.

Das erste Anwendungsfeld für die Gasmesstechnik auf dem Gebiet der Überwachung und Optimierung chemischer Großanlagen wurde gemeinsam mit dem Fachzentrum Prozessanalysentechnik der BASF SE in Ludwigshafen als assoziiertem Projektpartner erschlossen: Die bis dato ungelöste Aufgabenstellung war die schnelle und empfindliche Messung des Katalysatorgiftes Kohlenmonoxid in verschiedenen brennbaren Prozessgasen. Es wurde eine Nachweisgrenze gemäß NAMUR NA61 von ca. 10 ppbV (d.h. einer Volumenverdünnung von 1: 100 Millionen) und eine Zeitauflösung von < 10 Sekunden erreicht. Die entsprechenden Messdaten sind jedoch auch stark von den restlichen Gasen in der Gasmischung abhängig, weshalb sich auch nicht in jeder beliebigen Gasmatrix solch gute Resultate erzielen lassen.

3. Das dritte wesentliche Ziel war die Anwendung des o.g. Verfahrens auf die Messung von Verunreinigungen/Spurenkonzentrationen in Flüssigkeiten. Hier wurde ebenfalls gemeinsam mit dem Fachzentrum Prozessanalysentechnik der BASF SE in Ludwigshafen als Pilotsubstanz Isocyanat in verschiedenen Lösungsmitteln gemessen.

Dabei konnte aufgezeigt werden, dass diese Technologie eine extrem gute Nachweisempfindlichkeit hat und beispielsweise im Vergleich zu den weit verbreiteten Fourier-Transform-Spektrometern im Idealfall eine ca. 1000-fach bessere Nachweisgrenze erreichen kann. Konkret wurden Verdünnungsreihen im Labor des Fachzentrums aufgenommen, bei der die erreichbare Nachweisgrenze für das Isocyanat bei ca. 4 ppmV lag (d.h. eine Verdünnung von 1:250.000 konnte problemlos gemessen werden).

Meilenstein für Messtechnik in der Chemie, Medizin- und Umwelttechnik

Nach der erfolgreichen Erprobung der Demonstratoren im Labor und dem Verifizieren aller sicherheitsrelevanten Parameter werden die Geräte demnächst auch unter realen Betriebsbedingungen in einer geeigneten Produktionsanlage bei BASF in Ludwigshafen getestet.

Zu einem späteren Zeitpunkt sollen weitere Anwendungen in anderen Technologiegebieten, wie beispielsweise der Medizin- und Umwelttechnik, adressiert werden, bei denen die oben genannten Attribute der Messtechnik ebenfalls vorteilhaft eingesetzt werden können und sich damit auch gesundheitliche, ökonomische und/oder ökologische Vorteile erzielen lassen.

An dieser Stelle soll nochmals betont werden, dass die oben beschriebenen Demonstratoren bzw. die daraus abgeleiteten und zu einem späteren Zeitpunkt am Markt verfügbaren Geräte auf Grund ihrer Modularität für die Messung nahezu aller Gase und Flüssigkeiten modifiziert werden können, sofern diese signifikante Absorptionsstrukturen im mittleren infraroten Spektralbereich (Wellenlängen von 3-12 Mikrometer) aufweisen. Dementsprechend sehen die Projektpartner das erfolgreich durchgeführte OIFA-Projekt als einen Meilenstein für den Erfolg der Messtechnik in verschiedensten Applikationsgebieten.

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