Chemiebelastete Lebensmittel in Kartonverpackungen

Behörden müssen über Verunreinigungen informieren

14.08.2015 - Deutschland

Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) hat in einem vor neun Jahren begonnenen Rechtsstreit mit dem Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (BMELV) einen Sieg errungen. Streitpunkt war, ob und in welchem Umfang sich Verbraucher bei staatlichen Behörden über die Belastung von Getränken und Lebensmitteln mit gesundheitsschädlichen Druckchemikalien aus Kartonverpackungen informieren können. Das Bundesverwaltungsgericht kommt in einer im Juli schriftlich veröffentlichen Grundsatzentscheidung (Az.: BVerwG 7 B 22.14) zu dem Schluss, dass amtlich festgestellte Prüfergebnisse zu Druckchemikalien in Lebensmitteln durch Behörden herausgegeben werden müssen. Dies gilt selbst dann, wenn ein davon betroffenes Unternehmen der Meinung ist, dass die Werte nicht richtig ermittelt worden seien. Mehrere Verpackungs- und Lebensmittelkonzerne hatten das für Ernährung und Landwirtschaft zuständige Bundesministerium (BMEL) verklagt, nachdem dieses der DUH Untersuchungsergebnisse über Belastungen in deren Produkten übermitteln wollte.

Rechtsanwalt Remo Klinger, der die Interessen der DUH als Beigeladene des Verfahrens von Verpackungsunternehmen gegen das Verbraucherschutzministerium vertrat, erklärt: "Das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts stärkt das Informationsrecht von Verbrauchern grundlegend und ist richtungsweisend. Festgestellte Druckchemikalienbelastungen in Lebensmitteln dürfen von den Behörden nicht mehr mit der Schutzbehauptung zurückgehalten werden, diese seien Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse. Verbrauchern wird somit ein umfassender Informationsanspruch über die Beschaffenheit von Erzeugnissen eingeräumt."

Die DUH hatte 2006 Belastungen von Frucht- und Gemüsesäften in Getränkekartonprodukten mit der Druckchemikalie Isopropylthioxanthon (ITX) aufgedeckt. Auf Grundlage des Verbraucherinformationsgesetzes (VIG) beantragte die Umwelt- und Verbraucherschutzorganisation die Herausgabe amtlicher Kontrollergebnisse und erhielt geschwärzte Akten vom damals zuständigen Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (BMELV). Wesentliche Informationen zu den Produkten mit festgestellten Belastungen fehlten darin. Es folgte ein jahrelanger Rechtsstreit mit dem Ministerium und später mit Verpackungs- und Lebensmittelkonzernen bis zu einem Grundsatzurteil des Bundesverwaltungsgerichts im Jahr 2008, das die Rechtsauffassung der DUH bestätigte und das Ministerium verurteilte, alle Informationen zu veröffentlichen.

Trotz dieser Entscheidung weigerte sich das Ministerium, vollständige Informationen über die belasteten Lebensmittel vorzulegen und verwies auf die Geschäftsinteressen der betroffenen Industrie. Nachdem das Ministerium für Verbraucherschutz vom Bundesverwaltungsgericht verurteilt wurde, der DUH Informationen über chemische Substanzen, deren Konzentrationen und die Angabe von belasteten Produkten unter Angabe der Hersteller mitzuteilen, kämpften betroffene Unternehmen, um die Veröffentlichung zu verhindern.

"Verbraucher müssen sich uneingeschränkt über die Beschaffenheit von Produkten informieren können. Die Auswertung der an die DUH übermittelten Daten ergab nicht nur die Belastung von Getränkekartons mit Drucksubstanzen, sondern auch vieler anderer Produkte mit unterschiedlichsten chemischen Stoffen", sagt der DUH-Bereichsleiter für Kreislaufwirtschaft Thomas Fischer.

Die Lebensmittelüberwachungsbehörden der Bundesländer fanden zum Beispiel heraus, dass neben Getränken in Kartons auch Produkte, wie zum Beispiel Müsli, Haferflocken, Mehl, Tütensuppen, Cornflakes, Müsliriegel oder Reiswaffeln belastet sind. Sie entdeckten mindestens 19 Drucksubstanzen, darunter auch das krebserregende 4-Methylbenzophenon.

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