Mit ringförmigen Sonden zu besseren Vorhersagen der Polymerdynamik
Copyright: Forschungszentrum Jülich
Viele Produkte, die wir jeden Tag verwenden, bestehen aus Polymeren, zum Beispiel Autoreifen, Gummibänder oder Getränkeflaschen. Auch in der Natur spielen solche langkettigen Moleküle eine wichtige Rolle, zu den Polymeren zählen etwa die Proteine und die DNA. Ihre stofflichen Eigenschaften sind sowohl für die Herstellung von Kunststoffen als auch für die Funktionsfähigkeit von Proteinen oder DNA essentiell. Bei der Produktion von Kunststoffen etwa werden Polymerschmelzen durch lange Röhrensysteme geleitet. Die Viskosität der Schmelzen genau vorhersagen und kontrollieren zu können, hilft dabei, die Anlagen und Prozesse besser anzupassen – und somit Kosten zu sparen.
In theoretischen Modellen ist es längst üblich, die Beweglichkeit von Polymeren durch gedachte Röhren zu beschreiben – in der sich der Polymerfaden ähnlich wie eine Schlange in einer echten Röhre bewegt. Gebildet werden diese Röhren von benachbarten Moleküle und es gilt: Je weiter die Röhre, desto mehr Freiraum hat das Molekül und umso höher ist die Beweglichkeit. Bis jetzt war es allerdings nicht möglich, diesen Bewegungsradius direkt zu erfassen. Die bisherigen Messungen der Polymerbewegung lieferten daher nur ungenaue Ergebnisse, da sich die Polymere nicht nur quer, sondern zusätzlich auch längs zur gedachten Röhre bewegen: Mal "wagen" sie sich vor, mal ziehen sie sich wieder in die Röhre zurück.
"Diese Längsbewegungen, auch Reptation genannt, fallen bei den Ringen weg, weil es keine losen Enden gibt. Die Ringe bewegen sich nur quer zur Röhre", erläutert Dr. Sebastian Gooßen vom Jülicher Zentrum für Forschung mit Neutronen. "So lässt sich der Röhrendurchmesser direkt bestimmen; man könnte fast sagen, dass die Ringe ihn "ertasten". Bisher war es allerdings ausgesprochen schwierig, die benötigten Polymerringe in ausreichender Menge und Qualität herzustellen. Doch mit Hilfe eines neuen Syntheseverfahrens, das wir entwickelt haben, ist uns dies nun gelungen."
Die Forscher erwarten, dass sich mit ihrer Methode einige offene Fragen der Polymerdynamik klären lassen, zum Beispiel zur Fließfähigkeit von komplexen, verzweigten Polymeren, zu denen die meisten industriell genutzten Polymere zählen. Möglicherweise wird sich damit eines Tages auch das Rätsel lösen lassen, warum einige Polymerschmelzen fließfähiger werden, wenn man ihnen wenig Raum gibt, wie Prof. Dr. Simone Napolitano von der Freien Universität Brüssel in einem Kommentar zum Artikel vorschlägt. Bis dahin muss die Empfindlichkeit der Jülicher Methode aber noch ein wenig gesteigert werden.
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