Ressourceneffiziente Katalysatoren aus bakterieller Nanocellulose
Neues „Eintopfverfahren“ zur Abscheidung von Ruthenium auf hochreinen Cellulosefilzen
© D. Volkmer
© D. Volkmer
Hochreine Cellulosefasern mit Durchmessern im Bereich von wenigen 10 Nanometern werden von verschiedenen fermentierenden Bakterienstämmen aus Rohr- oder Fruchtzucker produziert. Diese natürlich vorkommenden Bakterien bilden auf ihrer Zelloberfläche Mikrofibrillen aus Cellulose, die die Länge ihres Zellkörpers um ein Vielfaches übersteigen und miteinander zu einem dreidimensionalen Geflecht verfilzen. In indonesischen Ländern wird ein derartiger Fermentierungsprozess seit langer Zeit zur Herstellung der populären Süßspeise „Nata de coco“ verwendet, eines gelatineartigen aromatisierten Nahrungs- und Genussmittels. Alternativ lässt sich hochreine mikrokristalline Cellulose auch aus Pflanzen gewinnen, allerdings ist diese Form der Erzeugung an energie- und kostenintensive Aufarbeitungs- und Reinigungsschritte gebunden.
Ein Wissenschaftlerteam am Augsburger Lehrstuhl für Festkörperchemie (Prof. Dr. Dirk Volkmer) ist in einer jüngsten Studie nun der Frage nachgegangen, ob sich Filze aus bakterieller Nanocellulose prinzipiell auch als Träger für Edelmetallkatalysatoren eignen.
Die Wissenschaftler untersuchten zunächst, ob sich Filze aus bakterieller Nanocellulose bei hohen Temperaturen – unter Erhalt des natürlichen 3D-Geflechts – in einen Träger aus nanostrukturiertem Kohlenstoff umwandeln lassen. Der Graphit-Nanofilz, den sie bei 800 °C erhielten, ist hochporös: Ein Gramm des Materials hat eine innere Oberfläche von ca. 600 Quadratmetern. Dies entspricht etwa der Fläche von drei Tennisplätzen – gefaltet auf die Größe einer Erbse!
Solche hochporösen, in ihrer Form stabilen Filze eignen sich hervorragend als Träger für katalytisch aktive Nanopartikeln. Die Augsburger Forscher setzten hier auf das Element Ruthenium, da dieser „schwere Verwandte“ von Eisen in verschiedensten technischen Prozessen eine hohe katalytische Aktivität aufweist.
„Der eigentliche Clou ist die Abscheidung der Ruthenium-Nanopartikeln auf dem Cellulosefilz im Eintopfverfahren“ berichtet der Chemie-Ingenieur Andreas Kalytta-Mewes. „Im Verlauf der Untersuchungen haben wir nämlich herausgefunden, dass der bakterielle Filz lediglich mit einer Lösung getränkt werden muss, die einen einfachen Rutheniumkomplex enthält. Der Rest erledigt sich dann – fast – von selbst, sprich: durch kurzzeitiges Erhitzen des Filzes auf 1250 °C erhält man ein Carbonfaser-Netzwerk, das die Katalysator-Nanoteilchen in fein verteilter Form enthält.“
Diese Verteilung, der Dispersionsgrad der Edelmetallpartikeln auf dem Träger also, ist ein entscheidender Faktor für deren katalytische Aktivität. Hochaktive Katalysatoren benötigen in der Regel extrem kleine Nanopartikeln, die nur aus wenigen 10 bis 100 Metallatomen bestehen und die unter technischen Reaktionsbedingungen nicht miteinander sintern, weil sie dadurch ihre Aktivität einbüßen würden.
Bei ersten Tests gelang mit den im Eintopfverfahren erzeugten Katalysatoren eine direkte Umwandlung von Kohlenmonoxid und Wasserstoff zu Methangas unter sehr milden Reaktionsbedingungen, unter Normaldruck nämlich und bei einem Einsetzen der Reaktion ab 135 °C.
Eine mögliche großtechnische Anwendung wäre z. B. die Überführung von (solar produziertem) leichtflüchtigem Wasserstoff, dessen Lagerung und Speicherung einen hohen technischen Aufwand erfordert, in Erdgas. „Um diesen Schritt sinnvoll gehen zu können, müssten allerdings Katalysatoren entwickelt werden, die anstelle von Kohlenmonoxid das Treibhausgas Kohlendioxid verwenden. Mit solchen Katalysatoren ließe sich dann freilich eine nachhaltige Prozesskette schließen, die mit einem biotechnologisch produzierten Trägermaterial beginnt und in der Produktion eines Energieträgers aus leicht verfügbaren bzw. umweltverträglich und ressourceneffizient hergestellten Zwischenstoffen wie Kohlendioxid oder Solarwasserstoff einen konsequenten Abschluss fände“, erläutert Volkmer. Mit seinem Festkörperchemie-Lehrstuhl ist er Mitglied sowohl im Institut für Physik als auch im Institut für Materials Resource Management (MRM) der Universität Augsburg. An beiden Instituten ist die Entwicklung nachhaltiger Prozess- und Stoffketten ein wichtiger Themenschwerpunkt.
Bakteriell produzierte Nanocellulose, mit der Volkmer und sein Team arbeiten, sind für materialtechnologische Anwendungen derzeit weder in größeren Mengen noch zu vertretbaren Kosten verfügbar. Deshalb werden derzeit am Anwenderzentrum für Material- und Umweltforschung (AMU) der Universität Augsburg eigene biotechnologische Produktionskapazitäten aufgebaut, ein Biotechnologielabor wurde speziell hierfür bereits eingerichtet.
Erste Ergebnisse bei der Produktion bakterieller Nanozellulose, die durch Umwandlung einfachen Haushaltszuckers (Saccharose) erfolgt, zeigen, dass durch optimierte Zellkulturverfahren und Variation der Nährmedien ein starker Einfluss auf die Fasermorphologie ausgeübt werden kann. „Das ist eine wichtige Voraussetzung, um Cellulosefilze für verschiedenste Anwendungen maßschneidern zu können“ erläutert Volkmer und ist zuversichtlich, dass die bakterielle Nanocellulose sich hervorragend in die in Augsburg vorhandene Expertise auf dem Gebiet der funktionalen Carbonmaterialien (Carboterials®) einfügen wird.