Ewige Jugend für Batterien?

Neutronen klären Alterungsprozess in Lithiumionen-Akkus

19.11.2015 - Deutschland

Ein wichtiges Problem von Lithiumionen-Akkus ist ihre Alterung. Sie mindert die erzielbare Speicherkapazität erheblich. Bisher ist nur wenig darüber bekannt, wie es dazu kommt. Wissenschaftler des Lehrstuhls für Technische Elektrochemie und der Forschungs-Neutronenquelle (FRM II) der Technischen Universität München (TUM) sind der Aufklärung der Ursachen in ihren neuesten Experimenten ein gutes Stück näher gekommen.

Irmgard Buchberger / TUM

Beläge aus zersetztem Elektrolyt auf Graphitpartikeln der Anode eines NMC-Lithiumionen-Akkus, mit hoher Ladespannung (4,6 V) geladen.

Lithiumionen-Akkus mit Graphit-Anode sind eine relative junge Entwicklung. Erst 1989 wurden sie zum Patent angemeldet und sind seit 1991 in elektrischen Geräten im Einsatz. Seither haben sie einen weltweiten Siegeszug angetreten und dienen heute nicht nur in elektrischen Kleingeräten sondern auch Elektroautomobilen, Flugzeugen und sogar in Lokomotiven. Zukünftig sollen sie auch als
große Zwischenspeicher mit Megawatt-Kapazitäten dienen.

Einen ersten starken Kapazitätsverlust erleidet ein Akku mit Graphit-Anode bereits beim ersten Ladezyklus der Zelle, dem Formierungsschritt. Hier verliert er bis zu 10 Prozent seiner Kapazität. Bei jedem weiteren Lade- und Entladevorgang sinkt die Kapazität weiter, wenn auch nur geringfügig. Auch bei bloßer Lagerung, vor allem bei Temperaturen über der Raumtemperatur, geht weitere Kapazität verloren.

Für diese Alterungseffekte hat die Physik zwar mehrere Ideen, aber noch keine endgültige Erklärung gefunden. TUM-Wissenschaftler des Lehrstuhls für Technische Elektrochemie und aus dem FRM II sind dem in ihren neuesten Experimenten ein gutes Stück näher gekommen.

Spurensuche mit Röntgenstrahlung und Neutronen

Um den Alterungsmechanismus zu verstehen und die Gründe dafür herauszufinden, kombinierten die TUM-Wissenschaftler elektrochemische Untersuchungen mit so unterschiedlichen Messmethoden wie Röntgenstreuung, Impedanzmessungen und Prompte Gamma-Aktivierungsanalyse (PGAA).

Mit diesen analysierten sie das Verhalten von Akkus mit Graphit-Anode und Nickel-Mangan-Cobalt-Kathode, sogenannte NMC-Zellen, bei verschiedenen Temperaturen. NMC-Zellen sind beliebt in der Elektromobilität, denn sie besitzen eine hohe Kapazität und halten theoretisch Ladespannungen von bis zu knapp fünf Volt aus. Bei Spannungen über 4,4 Volt nimmt jedoch die Alterung stark zu.

Mit Hilfe der Röntgenstreuung untersuchten die Wissenschaftler den Verlust an aktivem Lithium über mehrere Ladezyklen. Impedanzmessungen der Akkuzellen dienten dazu, den zunehmenden Widerstand zu erfassen. Die Aktivierungsanalyse mit Neutronen schließlich half, die extrem geringen Mengen an abgeschiedenem Übergangsmetall auf den Graphitelektroden sicher zu bestimmen.

Mechanismen für den Kapazitätsverlust

Ursache für den deutlichen Kapazitätsverlust beim Formierungsschritt ist der Aufbau einer Passivierungsschicht an der Anode. Diese verbraucht aktives Lithium, schützt jedoch danach den Elektrolyten vor Zersetzung an der Anode.

Für den Kapazitätsverlust bei laufendem Betrieb fand die Forschergruppe zwei wesentliche Mechanismen: Das aktive Lithium in der Zelle wird durch verschiedene Nebenreaktionen nach und nach verbraucht und steht damit nicht mehr zur Verfügung. Der Prozess ist stark temperaturabhängig: Bei 25ºC ist die Wirkung noch relativ gering und wird bei 60ºC recht hoch.

Beim Laden und Entladen der Zellen bei erhöhter Ladespannung (4,6 V) kommt es hingegen zu einem starken Anwachsen des Zellwiderstandes. Die auf der Anode abgeschiedenen Übergangsmetalle erhöhen die Leitfähigkeit der Passivierungsschicht für Elektronen und führen damit zu verstärkter Zersetzung des Elektrolyten.

Wege zu besseren Lithiumionen-Akkus

Nach dem Prinzip von Versuch und Irrtum fanden die Batteriehersteller bereits gute Verhältnisse von Elektrodenmaterial und Lithiummenge. „Mit den von uns gewonnenen Erkenntnissen lassen sich nun die Einzelprozesse gezielt weiter verbessern“, sagt Irmgard Buchberger, Doktorandin am Lehrstuhl für Technische Elektrochemie der TU München. „Möglich sind hier beispielsweise Additive, mit denen der Aufbau der Passivierungsschicht verbessert werden kann oder Modifikationen der Kathodenoberfläche.“

Originalveröffentlichung

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