Linde tritt im Schlussquartal auf der Stelle
Anlagenbau schwächelt
(dpa-AFX) Der Industriegase-Spezialist Linde ist nach Einschätzung von Experten im vierten Quartal auf der Stelle getreten. Während Analyst Eggert Kuls von MM Warburg mit Zuwächsen in der Gase-Sparte rechnet, erwartet er einen kräftigen Rückgang im Anlagenbau. Der kleinsten Linde-Sparte machen der niedrige Ölpreis, Überkapazitäten und die daraus resultierende Zurückhaltung von Kunden zu schaffen. Im Sommer hatte Linde-Chef Wolfgang Büchele deshalb die Umsatzprognose gekappt. Die im Dax notierte Gesellschaft will an diesem Donnertag ihre Zahlen zum vierten Quartal und Gesamtjahr 2015 vorlegen.
Die von der Nachrichtenagentur Bloomberg bis Montag befragten Experten erwarten im vierten Quartal im Schnitt einen für die Aktionäre anrechenbaren Gewinn von 300 Millionen Euro. Im Vorjahreszeitraum hatte der Überschuss 284 Millionen Euro betragen. Allerdings hatten im vierten Quartal 2014 Kosten für den Umbau das Ergebnis belastet. Das operative Ergebnis (Ebitda) sehen die Analysten nach gut einer Milliarde Euro nun bei knapp einer Milliarde Euro. Beim Umsatz rechnen sie mit 4,4 Milliarden Euro. Das wäre fast soviel wie im Vorjahr. Für das Gesamtjahr 2015 erwarten die Experten, dass Linde die Dividende auf 3,40 Euro je Aktie anheben wird, nach 3,15 Euro ein Jahr zuvor.
Die Ziele für das Gesamtjahr 2015 hatte Linde Ende November zwar bestätigt, erwartete aber aufgrund der abkühlenden Wirtschaft lediglich einen Gewinn am unteren Ende der ausgegeben Zielspanne. Das Wachstum im Unternehmen habe sich im vierten Quartal nicht beschleunigt, hatte Büchele gesagt. Der operative Gewinn (Ebitda) ohne Sondereffekte werde daher eher bei 4,1 Milliarden Euro liegen, anstatt bei 4,3 Milliarden. Beim Umsatz peilten die Münchener zwischen 17,9 und 18,5 Milliarden Euro an. 2014 hatte Linde gut 17 Milliarden Euro umgesetzt, das operative Ergebnis hatte bei 3,9 Milliarden Euro betragen.
Neben den Bilanzdaten stehen vor allem Aussagen zum laufenden Jahr im Fokus. Zuletzt zeigte sich Linde-Chef Büchele aber wenig zuversichtlich, dass es bald wieder kräftig aufwärts gehen wird. Im Gegenteil: Er hatte aufgrund einer abkühlenden Weltwirtschaft, anhaltend niedrigen Ölpreisen und Einsparungen im US-Gesundheitswesen das Gewinn-Ziel für 2017 reduziert. Das operative Konzernergebnis soll 2017 daher nur noch bei 4,2 bis 4,5 Milliarden Euro liegen. Zuvor hatte Linde 4,5 bis 4,7 Milliarden Euro angepeilt.
Die weltweite Industrieproduktion dürfte erst wieder nach 2017 auf den Wachstumspfad zurückkehren, hatte Linde-Chef Wolfgang Büchele gewarnt. Des Weiteren würden staatliche Preiskürzungen für Leistungen im US-Gesundheitswesen 2016 und 2017 voraussichtlich stärker als erwartet ausfallen. Zudem rechnet er mit einem mittelfristig niedrigen Ölpreis. Die Auftragslage im Anlagenbau dürfte sich zwar Anfang 2016 verbessern, allerdings werde sie vorerst nicht auf das Niveau der Vergangenheit zurückkehren. Sollte sich aber die Lage im Anlagenbau nicht bis Mitte 2016 erholt haben, dann müsste man über einen Umbau der Sparte nachdenken.
Demnächst steht eine personelle Veränderung im Aufsichtsrat bei Linde an. Der frühere Linde-Chef Wolfgang Reitzle soll als Aufsichtsratsvorsitzender zu seinem früheren Arbeitgeber zurückkehren. Reitzle hatte den Vorstandsvorsitz bei Linde vor zwei Jahren niedergelegt. Während seiner elfjährigen Amtszeit als Linde-Vorstandschef hatte Reitzle den Konzern umgekrempelt, das Geschäft mit Gabelstaplern und Kältetechnik verkauft, den britischen Konkurrenten BOC und den US-Medizingasekonzern Lincare übernommen.
Der Linde-Konzern ist ein Schwergewicht der deutschen Wirtschaft. Die weltweit mehr als 60.000 Beschäftigten stellen Gase her, die etwa in der Stahlproduktion, bei der Lebensmittelverarbeitung oder beim Schweißen zum Einsatz kommen. Gewachsen ist Linde in den vergangenen Jahren auch mit medizinischen Gasen. Ein weiterer Geschäftsbereich ist der Bau von Industrieanlagen zur Erzeugung von Wasserstoff oder zur Erdgasbehandlung.
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