Katalysator-Verschleiß live im Blick
Platin-Nanopartikel wachsen unter Reaktionsbedingungen zusammen und verlieren Effizienz
U. Hejral
DESY/R. Shayduk
U. Hejral
Katalysatoren sind Stoffe, die chemische Reaktionen beschleunigen oder überhaupt erst ermöglichen, ohne dabei selbst verbraucht zu werden. Es gibt sie nicht nur im Auto, sie gehören zu den wichtigsten Werkzeugen der chemischen Industrie. „Über 90 Prozent aller Reinstchemikalien werden beispielsweise mit Hilfe von Katalysatoren hergestellt“, erläutert Hejral. Dafür kommen verschiedenste Metalle und Legierungen zum Einsatz. Im Auto wandelt eine Mischung aus Platin, Rhodium und Palladium giftiges Kohlenmonoxid und schädliche Stickoxide zu weniger gefährlichen Verbindungen um.
Die Effizienz einer bestimmten Menge Katalysatormaterials steigt mit dessen zur Verfügung stehenden Oberfläche an. „Eine Kugel mit einem Zentimeter Durchmesser hat eine Oberfläche von gut drei Quadratzentimetern“, erklärt Hejral. „Aus derselben Materialmenge ließen sich im Prinzip auch 1,3 Billiarden Kügelchen mit je zehn Nanometern Durchmesser formen, die hätten zusammen eine Oberfläche von 386 Quadratmetern – das entspricht etwa zwei Tennisplätzen.“ Ein Nanometer ist ein millionstel Millimeter. Im Betrieb kann sich jedoch die Größe der Partikel ändern, was die Leistung des Katalysators mindert.
Die Hamburger Wissenschaftler haben Platin- und Rhodium-Nanopartikel unter kontrollierten Bedingungen beobachtet, die den realen Betriebsbedingungen im Auto-Katalysator ähneln. Dazu ließen sie zunächst Nanopartikel aus unterschiedlichen Mischungen der beiden untersuchten Metalle auf einem Trägermaterial in fünf Streifen wachsen: reine Platinpartikel, reine Rhodiumpartikel sowie Mischungen von 85 Prozent Platin und 15 Prozent Rhodium, 70 Prozent Platin und 30 Prozent Rhodium und gleichen Anteilen der beiden Metalle. Alle Partikel waren zwei Nanometer hoch, der Durchmesser schwankte je nach Mischungsverhältnis zwischen fünf und dreizehn Nanometern.
Die Forscher verwendeten diese Probe, um in der Reaktionskammer bei 280 Grad Celsius Kohlenmonoxid (CO) mit Sauerstoff (O2) in Kohlendioxid (CO2) umzuwandeln. Dabei ließ sich die Effizienz der Reaktion mit einem Massenspektrometer direkt beobachten. Mit einem feinen Röntgenstrahl konnten die Forscher während der Reaktion Veränderungen der Nanopartikel verfolgen. Diese Messungen fanden an der Europäischen Synchrotronstrahlungsquelle ESRF im französischen Grenoble statt.
Unter Reaktionsbedingungen änderten die Nanopartikel je nach Mischungsverhältnis der beiden Metalle unterschiedlich stark ihre Form. „Reine Platin-Nanopartikel wuchsen deutlich in die Höhe. Ihre Größe verdoppelte sich von zwei auf etwa vier Nanometer“, berichtet Hejral. „Das war wirklich überraschend.“ Reine Rhodiumpartikel blieben dagegen sehr stabil und veränderten ihre Höhe kaum. Die Mischpartikel mit gleichen Anteilen Platin und Rhodium verhielt sich fast ebenso stabil.
„Die Untersuchung zeigt, dass die Platin-Nanopartikel freiwerdende Energie aus der chemischen Reaktion aufnehmen, um sich zusammenzulagern“, erläutert Hejral. „Enthielten die Platinpartikel zu Beginn jeweils etwa 15.000 Atome, waren es am Ende des Versuchs etwa jeweils 23.000. Durch diese Zusammenlagerung schrumpfte die Bedeckung des Trägermaterials durch die Platin-Nanopartikel von anfänglich 50 Prozent auf etwa 35 Prozent.“ Die Forscher gehen davon aus, dass die Platinpartikel danach streben, eine für sie energetisch günstigere, runde Form anzunehmen. Die Herstellung der Partikel in einer Form, die derjenigen dieser Selbstorganisation nahekommt, könnte Umlagerungen und damit einen Rückgang der Effizienz vermindern.
Auto-Katalysatoren sind basierend auf Erfahrungswerten weitgehend optimiert, jedoch gibt es noch viele offene Fragen bzgl. der auf atomarer Ebene ablaufenden Prozesse während Reaktionsbedingungen. Diese müssen verstanden werden um die Lebensdauer und die Effizienz der Katalysatoren weiter zu verbessern. Die neue Methode gewährt hierzu Einblicke und lässt sich dabei nicht nur auf Auto-Katalysatoren anwenden, betont Untersuchungsleiter Prof. Andreas Stierle, der auch Leiter des DESY-NanoLabs ist. „Mit unserem Verfahren können wir die optimalen Mischungsverhältnisse und Partikelgrößen experimentell bestimmen. Das lässt sich für Katalysatoren mit verschiedensten Anwendungen nutzen und kann der chemischen Industrie neue Möglichkeiten eröffnen.“
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