Österreichisches Umweltministerium entwickelt Geschäftsmodelle für Chemikalienleasing

Unternehmen kaufen mit Produkt auch Know-how und Wartung ein

12.11.2002

Chemikalien zu leasen statt ständig nachzukaufen - diesem neuartigen Geschäftsmodell will das Umweltministerium in der österreichischen Wirtschaft zum Durchbruch verhelfen. Rund ein Drittel der industriell eingesetzten Lösungsmittel, Reiniger, Katalysatoren, Kühl- und Schmierstoffe könnte damit eingespart werden. Laut einer neuen Studie, die heute, Montag, im Umweltministerium vorgestellt wurde, wäre das Chemikalienleasing in rund 3.900 österreichischen Unternehmen grundsätzlich anwendbar.

Vor allem Branchen mit Tätigkeiten wie Reinigen, Entfetten, Beizen, Kühlen und Schmieren eignen sich dafür. Derzeit werden dafür jährlich rund 153.000 Tonnen Chemikalien eingesetzt, hauptsächlich Lösungsmittel, Reiniger, Katalysatoren, Kühl- und Schmierstoffe. Durch das Leasingmodell könnte die eingesetzte Menge um bis zu 53.000 Tonnen reduziert werden. Diese Chemikalien müssten weder bezahlt und eingesetzt noch emittiert und als Abfall entsorgt werden.

Auch für die Anwender ergeben sich Vorteile. Im Schnitt können sie, vor allem auf Grund des effizienteren Chemikalieneinsatzes, bis zu 15 Prozent der Kosten reduzieren. Aber auch die Anbieter der Stoffe werden mittelfristig profitieren können, da sie zusätzlich zum Produkt ihr Know-how Gewinn bringend einsetzen können.

Beim Chemikalienleasing werden die benötigten Produkte zur Verrichtung einer bestimmten Dienstleistung vom Lieferanten nicht mehr an den Kunden verkauft, sondern lediglich zum Gebrauch zur Verfügung gestellt. Der Wechsel des Besitzers steht nicht mehr im Vordergrund, das wirtschaftliche Interesse ist nicht mehr mit einer Maximierung des Absatzes verbunden. Stattdessen rückt der durch den Einsatz erzielbare Nutzen in den Vordergrund. Der Lieferant einer Chemikalie liefert auch das für die Anwendung nötige Know-how mit. Eine Entfettung durch Lösemittel orientiert sich dann beispielsweise am Ausmaß der gereinigten Oberfläche und nicht mehr an der verbrauchten Lösemittelmenge.

National wie international ist Chemikalienleasing ein noch kaum verbreitetes Modell. Einige Varianten werden derzeit in Pilotprojekten international erprobt, etwa in der Automobilindustrie und in der Unterhaltungselektronik. Österreich würde mit der systematischen Verbreitung dieses Geschäftsmodells daher zweifellos eine internationale Pilotrolle einnehmen. Die europäische Schleifmittelindustrie hat bereits Interesse gezeigt. Im November 2003 findet außerdem in Wien eine OECD-Konferenz zu diesem Thema statt.

In Österreich wird das Umweltministerium einige ausgewählte Unternehmen bei der Einführung des Chemikalienleasings begleiten. Gemeinsam mit bereits kooperierenden Unternehmen auf Lieferantenseite wird mit den Referenzunternehmen ein spezifisches Geschäftsmodell entwickelt und seine Einführung in die betriebliche Praxis unterstützt. So können die Pilot-Unternehmen ohne größeres Risiko die Vorteile des neuen Modells erproben. Unternehmen wie OMV, MIBA Gleitlager und Borealis haben bereits Interesse an dem innovativen Ansatz bekundet. Es liegen bereits erste Kooperationszusagen vor.

Um die Möglichkeiten für die praktische Anwendung des Chemikalienleasings in Österreich zu bewerten, hat das Umweltministerium gemeinsam mit Teilen der Wirtschaft zwei Erhebungen erstellen lassen. Darin werden geeignete Unternehmen und Geschäftsfelder eingeschätzt und beschrieben. Ökologische und wirtschaftliche Potenziale wurden erhoben, Hemm- und Förderfaktoren skizziert und die Ansätze zur Verwirklichung beschrieben. Erstellt wurden die Studien vom Institut für chemisch-technische und ökonomische Forschung und Beratung (München), vom Institut für Industrielle Ökologie (St.Pölten), von der Beratungsgesellschaft für integrierte Problemlösungen (München) und der AFC Consult Unternehmensberatung (Wien). Die beiden Endberichte liegen zusammengefasst als Publikation vor vor und können unter 01/51522-2332 angefordert werden.

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