Solare Brennstoffe: Raffinierte Schutzschicht für das „Künstliche Blatt”
M. Lublow
Ein „Künstliches Blatt“ besteht im Prinzip aus einer Solarzelle, die mit weiteren funktionalen Schichten kombiniert wird. Diese wirken als Elektroden und sind außerdem mit Katalysatoren beschichtet. Wird das komplexe Materialsystem in Wasser getaucht und beleuchtet, kann es Wassermoleküle zerlegen. Dabei entsteht Wasserstoff, der die Sonnenenergie in chemischer Form speichert. Nach dem gegenwärtigen Stand der Technik gibt es jedoch noch mehrere Probleme: zum einen muss trotz der zusätzlichen Materialschichten noch ausreichend Licht in die Solarzelle gelangen, um die Spannung für die Wasserspaltung zu erzeugen. Darüber hinaus halten die Halbleitermaterialien, aus denen Solarzellen in der Regel bestehen, dem mit Säure versetzten Wasser nicht lange stand. Daher braucht das „Künstliche Blatt“ eine stabile Schutzschicht, die gleichzeitig transparent und leitfähig sein muss.
Katalysator doppelt genutzt
Das Team arbeitete mit Proben aus Silizium, einem n-dotierten Halbleitermaterial, das als einfache Solarzelle bei Beleuchtung eine Spannung liefert. Die Materialwissenschaftlerin Anahita Azarpira, Doktorandin in der Gruppe von Dr. Thomas Schedel-Niedrig, präparierte diese Proben so, dass sich zunächst Ketten von Kohlenstoff-Wasserstoff-Verbindungen auf der Siliziumoberfläche bildeten. „In einem weiteren Schritt habe ich dann Nanopartikel aus dem Katalysator Rutheniumdioxid abgeschieden“, erklärt Azarpira. Als Ergebnis bildete sich eine leitfähige und stabile Polymerstruktur von nur drei bis vier Nanometern Dicke. Dabei waren die Reaktionen in der elektrochemischen Präparationszelle überaus kompliziert und konnten erst jetzt am HZB aufgeschlüsselt werden.
Mit diesem neuen Verfahren werden die Rutheniumdioxid-Partikel zum ersten Mal doppelt genutzt: Zuerst sorgen sie dafür, dass eine effektive organische Schutzschicht entsteht. Damit werden die üblicherweise sehr komplizierten Verfahren zur Herstellung von Schutzschichten wesentlich vereinfacht. Erst dann erledigen sie ihren „normalen Job“ und beschleunigen die Aufspaltung von Wasser in Sauerstoff und Wasserstoff.
Organische Schutzschicht kombiniert ausgezeichnete Stabilität und hohe Stromdichte
Die so geschützte Silizium-Elektrode erreicht Stromdichten von über 15 mA/cm2. Dies belegt, dass die Schutzschicht eine hohe Leitfähigkeit aufweist, was keineswegs selbstverständlich für eine organische Schicht ist. Während der gesamten Messdauer von 24 Stunden beobachteten die Forscher außerdem keine Degradation der Zelle, die Ausbeute blieb stabil. Bemerkenswert ist, dass bisher ein ganz anderes Material als organische Schutzschicht favorisiert wurde: Graphen. Dieses vieldiskutierte zweidimensionale Material konnte jedoch bisher nur eingeschränkt für elektrochemische Prozesse eingesetzt werden, während die am HZB entwickelte Schutzschicht sehr gut funktioniert. „Weil sich das neuartige Material sowie das Abscheidungsverfahren auch für andere Anwendungen eignen könnten, streben wir nun internationale Schutzrechte an“, sagt Teamleiter Thomas Schedel-Niedrig.
Originalveröffentlichung
Anahita Azarpira, Thomas Schedel-Niedrig, H.-J. Lewerenz, Michael Lublow; “Sustained Water Oxidation by Direct Electrosynthesis of Ultrathin Organic Protection Films on Silicon”; Advanced Energy Materials