Open-Access-Infrastruktur für die Pilotherstellung von Nanopartikeln und -kompositen
»Welche Chancen bietet die Nanotechnologie im Allgemeinen, bieten Nanopartikel für meine Produkte und Verfahren?« Bisher lässt sich diese Frage nicht so einfach beantworten. Herstellung und Modifizierung von Nanopartikeln sowie die Weiterverarbeitung erfordern spezielle technische Infrastruktur und komplexes Wissen. Für kleine und mittelständische Unternehmen lohnt sich der Aufbau dieser Infrastruktur »auf gut Glück« oft nicht. Und auch große Unternehmen scheuen die Risiken. So bleiben viele gute Ideen einfach in der Schublade.
© K. Dobberke für Fraunhofer ISC
Ein einfacher und offener Zugang zu hochklassiger Infrastruktur für die zuverlässige Produktion kleiner Chargen von funktionalisierten Nanopartikeln und Nanokompositen zu Testzwecken, das könnte Unternehmen aus Chemie und Pharmazie den Weg hin zu neuen nanobasierten Produkte erleichtern. Die Europäische Union hat im Rahmen des EU-Projekts CoPilot Mittel für den Aufbau einiger Pilotlinien und Open-Access-Infrastrukturen zur Verfügung gestellt. Ein Konsortium aus 13 Partnern aus Forschung und Industrie, darunter die Nanotechnologie-Spezialisten der niederländischen TNO und des Fraunhofer-Instituts für Silicatforschung ISC in Würzburg sowie sieben Nanomaterialhersteller, baut die Open-Access-Pilotlinie derzeit in Würzburg auf. Dabei sollen zunächst auf der Basis von vier unterschiedlichen Modellsystemen die Partikelherstellung, -modifizierung und -kompoundierung im Pilotmaßstab etabliert werden. Die Herangehensweise soll im späteren Betrieb größtmögliche Variabilität und Flexibilität für die Pilotherstellung unterschiedlichster Partikelsysteme und Komposite ermöglichen. Zwei weitere Open-Access-Linien werden bei der TNO in Eindhoven und am Süddeutschen Kunststoffzentrum SKZ in Selb aufgebaut.
Die »Nanopartikelküche«
Wesentliche Bausteine der Open-Access-Linie in Würzburg sind die Partikelsynthese in Batches von bis zu 100 Liter, Modifizierungs- und Separationsverfahren wie beispielsweise eine halbkontinuierlich arbeitende Zentrifuge sowie In-line-Analytik und Techniken zur gleichmäßigen und agglomerationsfreien Einarbeitung von Nanopartikeln in Komposite. Dr. Karl Mandel, Leiter der Partikeltechnologie des Fraunhofer ISC, vergleicht die Pilotlinie mit einer High-Tech-Küche: »Wir stellen das ausgefeilteste Equipment und die 3-Sterne-Profiköche zur Herstellung eines Nanomenüs à la carte oder nach individuellen Wünschen zur Verfügung. So können Unternehmen ihre – oder auch unsere – Rezepte erstmal testen, bevor sie sich zum Nachkochen – und zum Aufbau einer eigenen Nanoküche – entschließen.«
Diese EU-Maßnahme bietet Unternehmen zukünftig eine Anlaufstelle, wenn sie eine Nanoidee ausprobieren möchten und dafür genügend Material für eine Bemusterung und Abschätzung der späteren Produktionskosten benötigen. Damit lässt sich einerseits das Entwicklungsrisiko minimieren und andererseits auch eine größtmögliche Flexibilität und Produktsicherheit erreichen. Um vielen Unternehmen die Möglichkeit zu bieten, auf Ausrichtung und Aufbau der Nanopartikel-Küche Einfluss zu nehmen, sollen regelmäßige offene Treffen angeboten werden.
Der nächste Workshop dieser Art findet am 7. Juli in Würzburg statt. Dort wird die Pilotlinie präsentiert und die ersten Ergebnisse aus den vier Modellsystemen – Doppelschichthydroxid-Nanopartikel-Polymerkomposite für Flammschutzanwendungen, Titandioxidnanopartikel für optisch hochbrechende Komposite, Magnetpartikel für innovative Katalysatoren sowie Silica-Hohlkugeln für Antireflexbeschichtungen – werden vorgestellt.
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