Ertrag von Solarzellen unter realen Bedingungen bestimmen
An einem neuartigen Messplatz messen Wissenschaftler Referenzsolarzellen mit bisher unerreichter Genauigkeit
PTB
Solarzelle ist nicht gleich Solarzelle. Sie unterscheiden sich hinsichtlich ihres Wirkungsgrades. Das heißt, die Zelle eines Herstellers kann bei einer bestimmten Sonneneinstrahlung (Bestrahlungsstärke) eine höhere elektrische Leistung erzielen als die gleichgroße Zelle eines anderen Herstellers. Während sich hierbei die elektrische Leistung relativ einfach messen lässt, ist die Bestimmung der Bestrahlungsstärke deutlich schwieriger. Hierfür werden von der PTB Referenzsolarzellen kalibriert, deren Kurzschlussstrom ein Maß für die Bestrahlungsstärke darstellt. Der Kurzschlussstrom ist die größtmögliche Stromstärke, die ein Modul oder eine Zelle erzeugen kann. Gemessen wird bei Standard-Testbedingungen: Die Zelle wird auf Basis eines genormten Sonnenspektrums mit 1000 Watt pro Quadratmeter bestrahlt und in der Solarzelle herrschen 25 Grad Celsius. Das Normspektrum, das sogenannte „Air Mass 1.5“ (AM1.5), entspricht der spektralen Zusammensetzung von Licht, das in einem Winkel von 48,19 Grad einfällt. So werden Referenzsolarzellen kalibriert, die von der Industrie, technischen Überwachungsinstitutionen oder Fachlaboren genutzt werden können. Problematisch ist nur, dass beispielsweise das Spektrum des Sonnenlichts je nach Tages- und Jahreszeit sowie nach Atmosphärenzusammensetzung variiert. Ebenso weichen Temperatur, Einfallswinkel und Bestrahlungsstärke je nach Einsatzort der Solarzellen von den oben genannten Standardtestbedingungen ab. Insofern lassen sich bei STC nur schwer Ertragsprognosen für die weltweit verwendeten Solarzellen ermitteln.
Daher hat die PTB ihren Solarzellen-Messplatz erweitert. Für die Vergleichsmessungen verwenden die Braunschweiger Wissenschaftler das sogenannte Differential-Spectral-Responsibility-(DSR)-Verfahren, das jüngst zum Laser-DSR-Verfahren weiterentwickelt wurde. Damit lassen sich die Testbedingungen an reale klimatische Bedingungen anpassen, beispielsweise an Solarzellen-Temperaturen zwischen 15 °C und 75 °C und eine Bestrahlungsstärke von 0 W/m2 bis über 1100 W/m2. Zudem können die Forscher die Wellenlänge und den Einfallswinkel des Lichts variieren. Alle diese Messungen erlauben schließlich einen Vergleich der Leistungsfähigkeit verschiedener Solarzellen. So können Betreiber von Solaranlagen künftig von Kalibrierlaboratorien prüfen lassen, welches Modul für das jeweilige Klima vor Ort am besten geeignet ist.
Bei herkömmlichen (lampenbasierten) DSR-Verfahren wird Weißlicht mittels eines sogenannten Monochromators in einzelne Wellenlängen zerlegt und in kleinen Portionen durch eine Optik auf die Solarzelle gelenkt. So lassen sich alle Farben von ultraviolettem bis infrarotem Licht einstellen. Gleichzeitig wird die Zelle mit weißem Licht bestrahlt, denn nur so werden die für die Messung benötigten 1000 Watt pro Quadratmeter erreicht. Doch hierbei entsteht ein Problem: Der durch Weißlicht erzeugte Strom ist um bis zu eine Milliarde Mal größer als der durch einfarbiges Licht erzeugte Strom. Bei den Messungen stört dann der große Strom das Signal des kleinen Stroms – man spricht von einem Signal-zu-Rausch-Problem.
Mittels des laserbasierten DSR-Verfahrens ist es den Wissenschaftlern in der PTB gelungen, den Störfaktor je nach Wellenlänge um das 100- bis 10.000fache zu reduzieren. Damit wurde die gesamte Messunsicherheit verbessert – auf den Rekordwert von weniger als 0,4 Prozent. Ein weiterer Vorteil: Bisher konnten nur Referenzsolarzellen einer Größe von 20 mm x 20 mm kalibriert werden. Jetzt lassen sich Zellen mit bis zu 15 cm x 15 cm (6 Zoll) kalibrieren. Von diesem Fortschritt werden vorerst hauptsächlich die Kalibrierlaboratorien profitieren, letztlich aber auch die Technologie. „Denn eine funktionierende globale Kalibrierinfrastruktur ist notwendig für den Erfolg einer Technologie auf dem Weltmarkt“, ist sich Ingo Kröger, Mitarbeiter in der Arbeitsgruppe Solarzellen in der PTB, sicher.