Magnetische Atome in Reih und Glied
Die Nanotechnologie revolutioniert unser Leben: Sie macht mikroelektronische Systeme noch kleiner, ermöglicht neuartige medizinische Diagnose- und Therapieverfahren oder sorgt für selbstreinigende Materialoberflächen. Die besonderen Eigenschaften von Nanostrukturen sind zum Teil darauf zurückzuführen, dass man Materialien in ihrer Dimensionalität einschränkt – indem man etwa einen Kristall nicht in drei Richtungen wachsen lässt, sondern nur in zwei oder gar in einer. „Eindimensional“ bedeutet im Grenzfall nichts anderes, als Atome in einer Kette anzuordnen. „Eine solche Atomkette kann allerdings nicht im leeren Raum existieren, sondern muss auf einer Unterlage abgelegt werden“, erklärt Prof. Dr. Alexander Schneider vom Lehrstuhl für Festkörperphysik der FAU. „Dadurch kann es passieren, dass die gewünschten Eigenschaften, in unserem Fall der Magnetismus, wieder verschwinden. Die Forschung hat ein besonderes Interesse daran, solche niederdimensionale Systeme zu verstehen, da diese zunehmend die Eigenschaften magnetischer Datenspeicher dominieren.“
Sauerstoff ermöglicht eindimensionale Atomketten
An der Entdeckung und Analyse dieses eindimensionalen Systems waren neben dem Team um Prof. Schneider auch die Mitarbeiter der Arbeitsgruppen von Prof. Dr Klaus Heinz, ebenfalls Lehrstuhl für Festkörperphysik, und von Prof. Dr. Josef Redinger vom Center for Computational Materials Science der TU Wien beteiligt. Gemeinsam konnten die Forscher zeigen, dass Sauerstoff das Wachstum von perfekten einatomaren Ketten aus Mangan, Eisen, Kobalt und Nickel auf einer Iridium-Oberfläche ermöglicht. „Das Aufdampfen von Metallen auf eine Metalloberfläche im Vakuum ist ein gängiges Verfahren“, sagt Alexander Schneider. „Dabei entsteht allerdings oft eine zweidimensionale Metallschicht. Uns ist es erstmals gelungen, mithilfe von Sauerstoff Atomketten herzustellen, die die gesamte Iridium-Oberfläche bedecken, sich streng periodisch in einem Abstand von 0,8 Nanometern anordnen und bis zu 500 Atome lang werden können, ohne einen einzigen Baufehler aufzuweisen. Das alles passiert selbstorganisiert, das heißt die Ketten bilden sich ohne äußeres Zutun.“
Die Physiker fanden heraus, dass die Sauerstoffatome wie eine Art Hebemechanismus wirken, der die Atomketten von der Iridium-Schicht trennt. So entstehen der eindimensionale Charakter und die magnetischen Eigenschaften der Ketten. Die Berechnungen der Wiener Arbeitsgruppe haben ergeben, dass sich der Magnetismus der Metalle in der eindimensionalen Struktur verändert: Nickel wird unmagnetisch, Kobalt bleibt ferromagnetisch und Eisen und Mangan werden antiferromagnetisch, das heißt, hier wechselt die Magnetrichtung mit jedem Atom. Schneider: „Das Besondere an unserem Verfahren ist, dass wir nicht nur perfekte Ketten aus einem Material wachsen lassen können, sondern auch Ketten, in denen sich die Metalle abwechseln. Somit können wir also Mischsysteme herstellen, in denen zum Beispiel ferromagnetische Kettensegmente von antiferromagnetischen oder unmagnetischen Segmenten getrennt werden.“
Impulse für die Grundlagenforschung
Die Entdeckung des selbstorganisierenden Systems perfekt ausgerichteter magnetischer Atomketten könnte neue Impulse für die Erforschung eindimensionaler Systeme liefern. Die weitere Forschung insbesondere an dem System aus verschieden langen Kettenstücken mit unterschiedlicher Magnetisierung wird auch zeigen, welche Auswirkungen sich für die fortschreitende Miniaturisierung der Datenspeicherung ergeben. Ein weiterer interessanter Aspekt des untersuchten Materialsystems ist, dass die Ketten durch den eingebauten Sauerstoff Eigenschaften haben, die sich zwischen denen eines eindimensionalen Metalls und eines Oxids bewegen. Die über große Distanzen perfekte laterale Anordnung der Ketten erlaubt es nun, mit Methoden, denen die atomare Skala nicht zugänglich ist, beispielsweise die katalytischen Eigenschaften der Atomketten zu untersuchen.
Originalveröffentlichung
Meistgelesene News
Originalveröffentlichung
Pascal Ferstl, Lutz Hammer, Christopher Sobel, Matthias Gubo, Klaus Heinz, M. Alexander Schneider, Florian Mittendorfer, and Josef Redinger; "Self-Organized Growth, Structure, and Magnetism of Monatomic Transition-Metal Oxide Chains"; Phys. Rev. Lett.; 117, 046101 – Published 21 July 2016
Themen
Organisationen
Weitere News aus dem Ressort Wissenschaft
Holen Sie sich die Chemie-Branche in Ihren Posteingang
Mit dem Absenden des Formulars willigen Sie ein, dass Ihnen die LUMITOS AG den oder die oben ausgewählten Newsletter per E-Mail zusendet. Ihre Daten werden nicht an Dritte weitergegeben. Die Speicherung und Verarbeitung Ihrer Daten durch die LUMITOS AG erfolgt auf Basis unserer Datenschutzerklärung. LUMITOS darf Sie zum Zwecke der Werbung oder der Markt- und Meinungsforschung per E-Mail kontaktieren. Ihre Einwilligung können Sie jederzeit ohne Angabe von Gründen gegenüber der LUMITOS AG, Ernst-Augustin-Str. 2, 12489 Berlin oder per E-Mail unter widerruf@lumitos.com mit Wirkung für die Zukunft widerrufen. Zudem ist in jeder E-Mail ein Link zur Abbestellung des entsprechenden Newsletters enthalten.