Aus Kohlendioxid und Wasser mit Hilfe von Sonnenlicht zu neuen Rohstoffen
Das in vorindustriellen atmosphärischen Konzentrationen lebenswichtige Treibhausgas Kohlendioxid (CO2) wird durch seine gigantische menschengemachte Freisetzung, vor allem aus der Verbrennung fossiler Energieträger, in der heutigen Zeit zusehends zum "Klimakiller". Wenn CO2 wieder zu nutzbaren Rohstoffen oder Brennstoffen recycelt werden könnte, wären wir einerseits unseren Emissions- und Klimaschutzzielen näher und gleichzeitig könnten wir auch die Industrie mit Ausgangsstoffen versorgen, die von fossilen Rohstoffquellen unabhängig sind.
Deshalb wird schon seit etwa 30 Jahren das Ziel einer praktikablen photokatalytischen Umsetzung von CO2 verfolgt. Dabei soll Sonnenlicht genutzt werden, um auf der Oberfläche geeigneter Halbleitermaterialien eine Reaktion zwischen CO2 und Wasser auszulösen und dann Chemikalien wie Methan oder Methanol zu erzeugen. Trotz intensiver Forschungsanstrengungen konnten die Ausbeuten bisher nicht zu ökologisch und ökonomisch sinnvollen Größen gesteigert werden. Damit ist klar, dass sich am bekannten Forschungsansatz etwas ändern muss. Aber wo liegt eigentlich die Grenze für eine "sinnvolle" Umsetzung? Welche Ausbeuten müssen erzielt werden? Und sind vielleicht völlig andere Material- und Prozesskonzepte erforderlich, um die Ausbeuten an Wertprodukten zu steigern?
Diesen Fragen soll im gerade gestarteten BMBF-Verbundprojekt „PROPHECY: PROzesskonzepte für die PHotokatalytische CO2-Reduktion verbunden mit LifE-CYcle-Analysis“ im Rahmen der Fördermaßnahme CO2Plus nachgegangen werden. Das Konsortium, bestehend aus den Gruppen um Prof. Dr. Jennifer Strunk (Leibniz-Institut für Katalyse, Rostock), Prof. Dr. Michael Wark (Universität Oldenburg) und Dr. Andreas Patyk (Institut für Technikfolgenabschätzung und Systemanalyse (ITAS) am Karlsruher Institut für Technologie), betrachtet neue Materialkonzepte und neue Prozesskonzepte in enger Verzahnung. Das gemeinsame Ziel ist die Steigerung der Gesamtproduktausbeute in der photokatalytischen CO2-Reduktion um mehrere Größenordnungen. Die Produktselektivität ist vorerst von untergeordneter Bedeutung, da alle möglichen Produkte (Methan, Synthesegas, Methanol o.ä.) gegenüber dem Abfallprodukt CO2 eine Wertsteigerung darstellen.
Im Hinblick auf den Prozess sollen dem äußerst reaktionsträgen Gemisch aus Kohlendioxid und Wasser regenerativ erzeugte Additive, z.B. Bioethanol oder Elektrolyse-Wasserstoff aus Windkraft, zugesetzt werden, die eine höhere Reaktivität besitzen und das Produktspektrum beeinflussen, zum Beispiel in Richtung längerer Kohlenwasserstoffketten. Materialseitig sollen nicht nur neue Synthesewege bekannter Photokatalysatoren wie TiO2 und ZnO zum Einsatz kommen, sondern auch völlig neuartige Materialien getestet werden, auch mit dem Ziel, einen größeren Teil des Sonnenlichts zu nutzen. Ob ein solcher Prozess mit allen verbundenen vor- und nachgeschalteten Prozessen „von der Wiege bis zur Bahre“ dann noch ökologisch und ökonomisch sinnvoll ist, wird in der begleitenden Nachhaltigkeitsanalyse von Beginn der F&E-Arbeiten an geprüft und kritisch bewertet.
Das Projekt wird mit einem Volumen von einer Millionen Euro vom BMBF (Bundesministerium für Bildung und Forschung) gefördert. Start des Projektes war der 01. September 2016. Die Laufzeit beträgt drei Jahre. Die Forschungen der drei akademischen Partner werden von der Siemens AG industriell begleitet und bewertet.
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