Neue Trennverfahren zur Herstellung von Arznei- und Pflanzenschutzmitteln

Vier Millionen Euro für europäisches Forschungsprojekt zur Gewinnung pharmazeutischer Wirkstoffe

03.11.2016 - Deutschland

Wissenschaftler der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg werden innerhalb der nächsten drei Jahre neue Verfahren zur Herstellung von Arznei- und Pflanzenschutzmitteln entwickeln.

Im Rahmen eines mit knapp vier Millionen Euro von der Europäischen Union finanzierten Forschungsverbundprojektes Continuous Resolution and Deracemization of Chiral Compounds by Crystallization – CORE wollen sie gemeinsam mit Kolleginnen und Kollegen aus Großbritannien, Frankreich, den Niederlanden, der Schweiz und Deutschland sowie global agierenden Industriepartnern erstmals industriell verwertbare Verfahren zur Trennung von synthetischen Molekülen entwickeln, sogenannten Enantiomeren.

Diese paarweise auftretenden Moleküle sind aufgrund ihrer Ähnlichkeit sehr schwer voneinander zu trennen. „Man kann sie sich wie unsere beiden spiegelbildlich zueinander aufgebauten Hände vorstellen“, so der Leiter des Lehrstuhls für Chemische Verfahrenstechnik an der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg und Direktor am Max-Planck-Institut für Dynamik komplexer technischer Systeme, Prof. Dr.-Ing. Andreas Seidel-Morgenstern. „Aufgrund der Tatsache, dass die lebende Materie auf unserem Planeten nur aus einer der beiden möglichen Formen von Aminosäuren, den L-Aminosäuren, aufgebaut ist, ist die Bereitstellung enantiomerenreiner Substanzen von großer Bedeutung für die pharmazeutische Industrie und zunehmend auch für die Agrochemie.“

Die gleichzeitige Verabreichung der beiden spiegelbildlichen Teile des Thalidomidmoleküls als Wirkstoff in „Contergan“ sei in den 1960er Jahren Auslöser für die Missbildungen an zahlreichen Neugeborenen gewesen, so Seidel-Morgenstern. Mit dem CORE-Projekt sollen neuartige Möglichkeiten der effizienteren Molekültrennung gefunden werden, bei denen gleichzeitig das unerwünschte, jedoch ebenfalls wertvolle Gegenstück gezielt und ressourcenschonend rückgeführt werden kann.

„Erstmals werden im Rahmen dieses Projekts die europäischen Spitzengruppen auf diesem Fachgebiet intensiv kooperieren, um die schwierigen Trennaufgaben besser zu lösen“, konstatiert Seidel-Morgenstern. „Wir haben vor, auf diesem Gebiet weltweit Vorreiter zu werden.“

Für die nachhaltige Optimierung und Etablierung dieser Verfahren und Prozesse zur Gewinnung hochwertiger pharmazeutischer Produkte benötigt die Industrie neben den zu entwickelnden Werkzeugen aber auch akademisch trainierte Experten. Darum werden im Rahmen des Forschungsnetzwerkes 15  Nachwuchsforscher ausgebildet.

Das Trainingsnetzwerk Continuous Resolution and Deracemization of Chiral Compounds by Crystallization – CORE wird durch das EU-Rahmenprogramm für Forschung und Innovation Horizont 2020 über eine Laufzeit von vier Jahren gefördert. Die koordinierende Universität ist die University of Strathclyde, Großbritannien. In Magdeburg sind Prof. Andreas Seidel-Morgenstern sowie Prof. Heike Lorenz, Leiterin der Kristallisationsgruppe am Max-Planck-Institut für Dynamik komplexer technischer Systeme, beteiligt.

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