Wie man fluoreszierende Nanopartikel für medizinische Anwendungen in einem Kernreaktor herstellt
IOCB Prague
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Die Diagnose von Krankheiten und das Verständnis der Prozesse, die innerhalb von Zellen auf molekularer Ebene ablaufen, erfordern sensible und selektive Diagnoseinstrumente. Heute können Wissenschaftler magnetische und elektrische Felder in Zellen mit einer Auflösung von mehreren Dutzend Nanometern und einer bemerkenswerten Empfindlichkeit durch Kristalldefekte in den Partikeln bestimmter anorganischer Materialien überwachen. Ein nahezu ideales Material für diese Zwecke ist Diamant. Im Vergleich zu den im Schmuck verwendeten Diamanten sind die für Anwendungen in der Diagnostik und Nanomedizin - Nanodiamanten - etwa eine Million Mal kleiner und werden bei hohem Druck und hohen Temperaturen synthetisch aus Graphit hergestellt.
Ein reiner Nanodiamant verrät jedoch nicht viel über seine Umgebung. Erstens muss sein Kristallgitter unter kontrollierten Bedingungen beschädigt werden, um spezielle Defekte zu erzeugen, so genannte Stickstoff-Vakanz-Zentren, die eine optische Bildgebung ermöglichen. Der Schaden entsteht am häufigsten durch die Bestrahlung von Nanodiamanten mit schnellen Ionen in Teilchenbeschleunigern. Diese beschleunigten Ionen sind in der Lage, Kohlenstoffatome aus dem Kristallgitter eines Nanodiamanten herauszuschlagen und hinterlassen dabei Löcher, die als Vakanzen bezeichnet werden und bei hohen Temperaturen mit den im Kristall vorhandenen Stickstoffatomen als Verunreinigungen gekoppelt sind. Die neu gebildeten Stickstoff-Vakanz-Zentren sind eine Fluoreszenzquelle, die dann beobachtet werden kann. Gerade diese Fluoreszenz eröffnet den Nanodiamanten ein immenses Potenzial für Anwendungen in Medizin und Technik.
Eine grundlegende Einschränkung für die Verwendung dieser Materialien in größerem Maßstab sind jedoch die hohen Kosten und die schlechte Effizienz der Bestrahlung von Ionen in einem Beschleuniger, die die Bildung dieses außergewöhnlich wertvollen Materials in größeren Mengen verhindern.
Das Team von Wissenschaftlern aus mehreren Forschungszentren unter der Leitung von Petr Cígler und Martin Hrubý hat kürzlich eine völlig neue Methode zur Bestrahlung von Nanokristallen beschrieben. Anstelle einer teuren und zeitaufwendigen Bestrahlung in einem Beschleuniger nutzten die Wissenschaftler die Bestrahlung in einem Kernreaktor, die viel schneller und weitaus kostengünstiger ist.
Aber es war nicht ganz so einfach. Die Wissenschaftler mussten einen Trick anwenden - im Reaktor spaltet die Neutronenbestrahlung Boratome in sehr leichte und schnelle Ionen aus Helium und Lithium. Die Nanokristalle müssen zunächst in geschmolzenem Boroxid dispergiert und dann in einem Kernreaktor einer Neutronenbestrahlung ausgesetzt werden. Die Neutroneneinfang durch Borkerne erzeugt einen dichten Regen aus Helium- und Lithiumionen, die in den Nanokristallen die gleiche Wirkung haben wie die in einem Beschleuniger erzeugten Ionen: die kontrollierte Erzeugung von Kristalldefekten. Die hohe Dichte dieser Partikeldusche und die Verwendung eines Reaktors zur Bestrahlung einer viel größeren Materialmenge machen es einfacher und weitaus kostengünstiger, Dutzende von Gramm seltenes Nanomaterial auf einmal zu produzieren, was etwa tausend Mal mehr ist, als Wissenschaftler bisher durch vergleichbare Bestrahlung in Beschleunigern erreichen konnten.
Das Verfahren hat sich nicht nur bei der Erzeugung von Defekten im Gitter von Nanodiamanten, sondern auch bei einem anderen Nanomaterial - Siliziumkarbid - bewährt. Aus diesem Grund gehen die Wissenschaftler davon aus, dass das Verfahren bei der großtechnischen Herstellung von Nanopartikeln mit definierten Defekten universell einsetzbar sein könnte.
Das neue Verfahren nutzt das Prinzip der Bor-Neutroneneinfangtherapie (BNCT), bei der Patienten eine Borverbindung verabreicht wird. Sobald sich die Verbindung im Tumor angesammelt hat, erhält der Patient eine Strahlentherapie mit Neutronen, die die Borkerne in Helium- und Lithiumionen aufspalten. Diese zerstören dann die Tumorzellen, die das Bor gesammelt hat. Dieses Prinzip aus der experimentellen Krebsbehandlung hat damit die Tür für eine effiziente Produktion von Nanomaterialien mit außergewöhnlichem Potenzial für Anwendungen unter anderem in der Krebsdiagnostik geöffnet.
Originalveröffentlichung
Jan Havlik, Vladimira Petrakova, Jan Kucka, Helena Raabova, Dalibor Panek, Vaclav Stepan, Zuzana Zlamalova Cilova, Philipp Reineck, Jan Stursa, Jan Kucera, Martin Hruby & Petr Cigler; "Extremely rapid isotropic irradiation of nanoparticles with ions generated in situ by a nuclear reaction"; Nature Comm.; 2018