Künstliche Intelligenz soll Gerüche vorhersagen
ElasticComputeFarm, pixabay.com, CC0
Wer kennt das nicht: Da erwirbt man einen aufblasbaren Sitzball, um den Rücken am Schreibtisch zu entlasten, und dann muss man ihn erst einmal drei Tage an die frische Luft hängen, weil er so mieft. Oder man schnuppert im Supermarkt an der eingeschweißten Salami, die natürlich nicht nach Buchenholzrauch, sondern unangenehm nach Plastik riecht. Forscher am Computer-Chemie-Centrum (CCC) der FAU arbeiten jetzt daran, dass ungewollte Gerüche in Verpackungen und Produkten bald der Vergangenheit angehören. Dafür entwickeln sie eine künstliche Intelligenz, die sichere Vorhersagen treffen kann, welche Molekülkombinationen Gerüche neutralisieren oder aber gezielt entstehen lassen können. Das Projekt „CLINGON: Computer Linguistics of Olfaction“ wird für die kommenden anderthalb Jahre von der VolkswagenStiftung mit knapp 96.100 Euro gefördert.
Das Molekül als Satz verstehen
„Den Hauptteil unserer Arbeit werden wir nicht im Labor, sondern am Rechner verbringen“, sagt Dr. Thilo Bauer. Gemeinsam mit Dr. Tatyana Shubina von CCC und Prof. Dr. Andrea Büttner vom Lehrstuhl für Lebensmittelchemie entwickelt Bauer eine Datenbank, in der das Wissen um die molekulare Struktur von Duft- und Aromastoffen gebündelt wird: „Wir bedienen uns dabei der Computerlinguistik. Ähnlich wie bei der Verarbeitung von Sprache soll das Programm ein Geruchsmolekül als Satz verstehen, in dem die Molekülfragmente die Wörter bilden. Die Zusammensetzung der Fragmente bestimmt dann die Bedeutung des Satzes – in unserem Fall also des Geruchs.“
Gerüche vermeiden und kreieren
In naher Zukunft wollen die FAU-Chemiker mithilfe der Mustererkennung zuverlässige Vorhersagen über die Entstehung von Gerüchen treffen und damit aufwändige Trial-and-Error-Experimente überflüssig machen – übrigens nicht nur im Bereich der Geruchsvermeidung, sondern auch bei der Kreation von Düften. „In der Kosmetikindustrie werden jährlich viele tausend Moleküle synthetisiert und Geruchsproben unterzogen – nur ganz wenige davon schaffen es auf den Markt“, sagt Thilo Bauer. „Auch hier könnte unser Programm dabei helfen, neue Produkte effektiver und ressourcenschonender zu entwickeln.“
Förderung gewagter Forschungsideen
Mit der Förderinitiative „Experiment!“ unterstützt die VolkswagenStiftung gewagte Forschungsideen, die etabliertes Wissen grundlegend herausfordern, unkonventionelle Hypothesen, Methodik oder Technologien etablieren wollen oder ganz neue Forschungsrichtungen in den Blick nehmen. Forscher aus den Natur-, Ingenieur- und Lebenswissenschaften erhalten so die Möglichkeit, während einer auf 100.000 Euro und 18 Monate begrenzten explorativen Phase erste Anhaltspunkte für die Tragfähigkeit ihres Konzeptes zu gewinnen. Ein Scheitern der geförderten Projekte wird als Forschungsergebnis explizit akzeptiert. Seit der Einrichtung der Initiative im November 2012 wurden 67 Vorhaben bewilligt.
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