Protonen schlagen Wellen
AWAKE-Projekt erreicht wichtigen Meilenstein
OSIRIS/IST, Portugal
Schon jetzt ist abzusehen, dass die Aussagekraft bestehender Beschleunigerexperimente limitiert ist. Viele offene Fragen zum Aufbau der Materie oder dem Ursprung des Universums lassen sich nur beantworten, wenn Teilchen bei noch höheren Energien kollidieren. Aktueller Rekordhalter ist der Large Hadron Collider (LHC) – mit einem Umfang von 27 Kilometer beschleunigt er Protonen auf eine Energie von bis zu 13 Teraelektronenvolt. Der Rekord für Elektronen liegt bei etwa 100 Gigaelektronenvolt.
Um noch höhere Energien zu erreichen, insbesondere für Elektronen, müssten jedoch größere Anlagen gebaut werden. Eine kleinere, kostengünstigere Alternative bietet ein völlig neues Konzept: Es beruht auf der Beobachtung, dass ein Plasma, ein Gemisch aus geladenen Teilchen, starke elektrische Felder bilden und aufrechterhalten kann.
Ziel: Beschleunigung von Elektronen auf einer Plasmawelle
Dies macht sich das AWAKE-Projekt zunutze. "Vereinfacht gesagt, erzeugt ein Protonenstrahl Wellen im Plasma – ähnlich der Kielwelle eines schnelles Motorbootes im Wasser", erklärt Allen Caldwell, Sprecher von AWAKE und Direktor am Max-Planck-Institut für Physik. "Gibt man Elektronen dazu, werden diese im oszillierenden Plasmafeld beschleunigt."
Das Prinzip ist nicht neu, doch bisher konnten solche Plasmamodulationen nur mit Lasern oder Elektronen erreicht werden. "Mit AWAKE haben wir erstmals gezeigt, dass wir diesen Effekt auch mit Protonen erzielen können", sagt Caldwell. Der Vorteil von Protonen: Protonenbündel transportieren wesentlich mehr Energie. Das bedeutet, dass Elektronen sich über eine längere Strecke beschleunigen und dabei Energie gewinnen können.
AWAKE nutzt früheres CERN-Experiment
"Damit haben ein neues Zeitalter für die Entwicklung innovativer Beschleunigertechnologien eingeläutet", ist sich Caldwell sicher. Das AWAKE-Experiment wurde am Kernforschungszentrum CERN eingerichtet, wo ein Protonenstrahl aus einem früheren Experiment genutzt werden kann. Der aktuelle Versuch ist das Ergebnis einer dreijährigen, intensiven Entwicklungsarbeit. Bereits Anfang dieses Jahres war die Plasmazelle installiert worden.
Für das Jahr 2017 ist vorgesehen, das Zusammenspiel zwischen Protonenstrahl und Plasmafeld genauer zu untersuchen. Danach plant der AWAKE-Forschungsverbund erste Versuche, Elektronen auf der Plasmawelle zu beschleunigen. Bis Ende 2018, dem nächsten längeren Stopp des LHC, sollen Beschleunigungsfelder im Bereich von wenigen Gigaelektronenvolt pro Meter erzeugt werden.
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