Leitfähige Polymerkomposite als Materialien für die Elektrolyse

26.01.2017 - Deutschland

Die Elektrolyse spielt eine entscheidende Rolle bei der Herstellung von Aluminium oder Chlor. Auch für die Energiewende gewinnt das Verfahren an Bedeutung, denn mittels Elektrolyse kann aus Wind- oder Solarstrom speicherbarer Wasserstoff gewonnen werden. Eine neue Forschungsgruppe am Fraunhofer-Institut für Mikrostruktur von Werkstoffen und Systemen IMWS in Halle (Saale) will nun den Einsatz von Polymerkompositen für die Elektrolyse möglich machen. Diese könnten kostengünstiger und leistungsfähiger sein als bisher genutzte Materialien.

© Foto Fraunhofer IMWS

Prof. Dr. Ralf Wehrspohn, Leiter des Fraunhofer IMWS, Dr. Nadine Menzel, Projektleiterin der Nachwuchsgruppe, und Staatssekretär Dr. Jürgen Ude (von links) bei der Übergabe des Förderbescheids.

Kunststoffe sind leicht, einfach zu verarbeiten und haben eine hohe chemische Beständigkeit. Metalle sind robust und belastbar, zudem verfügen sie über eine variable thermische und elektrische Leitfähigkeit. Graphit zum Beispiel ist korrosionsbeständig und kann ebenfalls Strom leiten. Vereint man diese Werkstoffe sowie weitere Füllstoffe auf geschickte Weise, entsteht ein neuartiges Komposit-Material, das all diese Eigenschaften in sich vereint. Für solche Polymerkomposite eröffnen sich vielfältige Einsatzmöglichkeiten, etwa als Schutzmäntel für Kabel oder als Gehäuse für Elektronikbauteile. In der neuen Nachwuchsgruppe haben die Fraunhofer-Forscher eine ganz besondere Anwendung im Blick: Sie wollen leitfähige Polymerkomposite entwickeln, die als Materialien für die Elektrolyse genutzt werden können.

Bei der Wasserelektrolyse wird Wasser durch den Einsatz von Strom in Wasserstoff und Sauerstoff gespalten. Mit diesem Verfahren kann also beispielsweise Strom aus der stark fluktuierenden Wind- und Sonnenenergie genutzt werden, um Wasserstoff zu erzeugen – einen gefragten Rohstoff für die chemische Industrie, der zudem als Energiespeicher oder als umweltfreundlicher Treibstoff für Brennstoffzellenautos fungieren kann.

»Die rund 2700 Windenergieanlagen in Sachsen-Anhalt sorgen bereits für mehr als ein Drittel der Stromerzeugung im Land, produzieren aber nicht gleichmäßig. Das macht die Elektrolyse so reizvoll für die Unternehmen der Region: Überschüssiger Strom kann in grünen Wasserstoff verwandelt werden. Wenn das großflächig gelingt, können wir einen entscheidenden Beitrag zur Frage leisten, wie sich Strom aus erneuerbaren Energien speichern lässt«, betont Dr. Jürgen Ude, Staatssekretär im Ministerium für Wirtschaft, Wissenschaft und Digitalisierung des Landes Sachsen Anhalt, die Potenziale des Verfahrens. Er übergab den Förderbescheid in Höhe von fast 1,2 Millionen Euro.

Die Elektrolyse spielt auch bei der Herstellung von Aluminium, Chlor oder Natronlauge eine wichtige Rolle, ebenso wie in der Galvanotechnik. All diesen Anwendungen gemein ist die hohe Belastung der eingesetzten Materialien im Hinblick auf ihre chemische und mechanische Stabilität sowie die elektrische und thermische Leitfähigkeit. »Neue Materialien für die Elektrolyse können das Verfahren leistungsfähiger und günstiger machen. Im Bereich der Wasserelektrolyse, aber auch für andere Anwendungen, bieten Polymerkomposite dabei große Chancen«, sagt Dr. Nadine Menzel, die das Projekt am Fraunhofer IMWS leitet.

So will die Nachwuchsgruppe beispielsweise völlig neuartige Bipolarplatten aus leitfähigen Polymerkompositen für die PEM-Elektrolyse (PEM = Proton Exchange Membrane) fertigen. Diese Methode ist eine Schlüsseltechnologie für die Erzeugung von Wasserstoff aus erneuerbaren Energien. Das Herzstück der PEM-Elektrolyse bildet der Stack (Stapel), der aus mehreren Bipolarplatten besteht. An diese Platten und die anderen Komponenten im Stack werden extreme Anforderungen gestellt – hohe Temperaturen, hohe Drücke oder hohe Spannungen sorgen für sehr korrosive Bedingungen, die den einzelnen Komponenten zusetzen. Üblicherweise werden Bipolarplatten deshalb aus Titan, Graphit, Stahl oder Edelstahl gefertigt, die Oberfläche zusätzlich mit einer Beschichtung aus Edelmetallen wie Gold oder Platin geschützt. Ein innovatives Kunststoffmaterial, das den extremen Betriebsbedingungen gewachsen ist und die nötige Langzeitstabilität bietet, hätte deshalb enorme Vorteile bei den Materialkosten und im Herstellungsprozess.

In einem weiteren Teilpaket wollen die Forscher Lackelektroden für die Elektrolyse von Seewasser entwickeln. Damit könnte der Bewuchs von Schiffsrümpfen mit marinen Organismen (Biofouling) verhindert werden, ohne dass giftige Lacke eingesetzt werden müssen. Weitere Ziele sind die Analyse elektrochemischer Korrosionsprozesse in Polymerkompositen und elektronischen Komponenten für die Elektrolyse sowie die Untersuchung der Zuverlässigkeit und Lebensdauer von Systemen mit alkalischen Membran-Elektroden-Einheiten für Elektrolyseure und Brennstoffzellen.

Die Nachwuchsgruppe wird bis 2020 aktiv sein und profitiert von den vorhandenen Kompetenzen am Fraunhofer IMWS, etwa im Bereich der Kunststoffverarbeitung, Mikrostrukturaufklärung und Zuverlässigkeit von Elektronikkomponenten. Auch mit dem 2016 gestarteten Leistungszentrum Chemie- und Biosystemtechnik und der gerade im Aufbau befindlichen Elektrolyseplattform Leuna ist eine enge Vernetzung geplant.

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