Durchbruch mit einer Kette aus Goldatomen
Entscheidender Durchbruch zum besseren Verständnis des Wärmetransports
Enrique Sahagun
Das Versuchsobjekt ist zunächst ein dicker Golddraht. Der wird so lange gezogen, bis sein Querschnitt aus gerade einem Atom besteht und sich eine Kette aus einzelnen Goldatomen bildet, bevor der Kontakt schließlich reißt. Durch diese Kette an der absoluten Grenze der Miniaturisierung schicken die Physiker elektrischen Strom, quasi durch den denkbar dünnsten Draht. Mit Hilfe verschiedener theoretischer Modelle lässt sich der Leitwert des elektrischen Transports berechnen und auch experimentell bestätigen. Dieser Leitwert besagt, wie viel Ladungsstrom bei einer angelegten elektrischen Spannung fließt. Der thermische Leitwert, der den Wärmefluss für eine anliegende Temperaturdifferenz angibt, konnte bisher für solche atomaren Drähte aber noch nicht gemessen werden.
Dabei stellte sich die Frage, ob das Wiedemann-Franz-Gesetz, das auf der Makroebene die Beziehung zwischen dem elektrischen Leitwert und dem thermischen Leitwert von Elektronen als proportional beschreibt, auch auf der atomaren Skala gültig bleibt. Im Allgemeinen wird der Wärmetransport in Nanodrähten sowohl durch Elektronen als auch durch Atomschwingungen (die auch Vibrationen oder Phononen genannt werden) bestimmt. Auf der atomaren Ebene müssen beide, Elektronen und Phononen, quantenmechanisch beschrieben werden. Da das Wiedemann-Franz-Gesetz allerdings nur die elektronischen Größen in Beziehung setzt, musste zunächst ermittelt werden, wie hoch der Beitrag der Phononen zum thermischen Leitwert ist.
Die beiden Doktoranden Jan Klöckner und Manuel Matt konnten komplementäre theoretische Berechnungen durchführen, die zum Ergebnis hatten, dass der Phononen-Anteil zum Wärmetransport durch die atomar dünnen Golddrähte typischerweise unter zehn Prozent liegt und damit in diesen metallischen Kontakten keine wesentliche Rolle spielt. Die Simulationen bestätigen gleichzeitig die Anwendbarkeit des Wiedemann-Franz-Gesetzes. Während Manuel Matt dabei den elektronischen Anteil des thermischen Leitwerts anhand einer effizienten, aber etwas ungenaueren Methode berechnete, die eine Statistik erlaubt, benutzte Jan Klöckner die Dichtefunktionaltheorie, um elektronische und phononische Anteile für einzelne Kontaktgeometrien gegeneinander abzuschätzen. Aus der Quantisierung des elektrischen Leitwertes in Einheiten des sogenannten Leitwertquants (dem Zweifachen der inversen Klitzing-Konstante 2e2/h) folgt mit dem geringen Phononen-Beitrag und dem Wiedemann-Franz-Gesetz die Quantisierung des thermischen Leitwertes, die im Experiment bestätigt wurde.
Wie Ladungs- und Wärmeströme in Nanostrukturen fließen, konnte anhand von Computermodellen, wie sie in den letzten Jahren in den Gruppen von Fabian Pauly und Peter Nielaba entwickelt wurden, schon länger theoretisch berechnet werden. Um die Vorhersagen mit experimentellen Ergebnissen vergleichen zu können, war ein hochpräziser Versuchsaufbau wie der der beiden experimentellen Kollegen Prof. Edgar Meyhofer und Prof. Pramod Reddy von der University of Michigan (USA) nötig. In bisherigen Versuchen stellten sich die Signale, die vom Wärmefluss durch die Einzelatomkontakte ausgingen, als zu klein heraus. Der Gruppe aus Michigan ist es gelungen, das Experiment so zu verbessern, dass das tatsächliche Signal herausgefiltert und gemessen werden konnte.
Die Ergebnisse der Studie ermöglichen nun, dass neben atomaren Kontakten aus Gold auch beliebige andere Nanosysteme von dieser Größenordnung untersucht werden können. Sie liefern ein paradigmatisches System für die experimentelle und theoretische Erforschung von zahlreichen fundamentalen Quantenphänomenen, die nicht zuletzt zu einer effizienten Energienutzung, beispielsweise im Rahmen der Thermoelektrizität, beitragen können.