Widerstand wächst auch im Vakuum
Materialwissenschaftler der Universität Jena betreiben Grundlagenforschung zur Reibungskraft
Dass zwischen zwei sich bewegenden und sich berührenden Körpern Reibung entsteht, ist lange bekannt. Doch noch immer weiß man zu wenig über diese allgegenwärtige Kraft, um sie in bestimmten Bereichen zu verringern oder sich möglicherweise auch zunutze zu machen. Viele technische Innovationen werden durch sie erheblich beeinflusst. Materialwissenschaftler der Friedrich-Schiller-Universität Jena haben nun wichtige Erkenntnisse über die Vorgänge rund um die Reibung gesammelt.
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Der Jenaer Materialwissenschaftler Prof. Dr. Enrico Gnecco am neuen Rasterkraftmikroskop.
Jan-Peter Kasper/FSU
Die Kontaktpunkte vergrößern sich
Gemeinsam mit Kollegen von der Universität Gießen haben die Jenaer Forscher die Reibung zwischen einer Siliziumspitze und einer kristallinen Oberfläche aus Natriumchlorid untersucht. Dazu nutzten sie ein Rasterkraftmikroskop und führten die Experimente mit verschiedenen Umgebungstemperaturen – von 25 bis -175 Grad Celsius – durch. „Nach der Auswertung der Messergebnisse haben wir festgestellt, dass sich die Kontaktpunkte vergrößern und damit die Steifigkeit nahezu logarithmisch zunimmt“, erklärt Prof. Dr. Enrico Gnecco von der Universität Jena. „Das bedeutet, der Widerstand, auf den die Siliziumspitze trifft, wird größer, je länger man über sie kratzt.“ Auch andere Untersuchungen wurden bereits in diesem Modellsystem geführt, doch fokussierten sich die Wissenschaftler der aktuellen experimentellen und theoretischen Studie erstmals auf die Steifigkeitsänderung des Kontakts. „Wir sind überrascht, dass selbst bei einer absolut reinen und störungsfreien Umgebung dieser Effekt auftritt“, erklärt Gnecco deshalb. Vermutlich vergrößern sich die Kontaktpunkte durch atomare Diffusion. Das heißt, Natriumchlorid-Atome aus der Schicht lagern sich an der Siliziumspitze an.
Erdbeben funktionieren nach dem Stick-Slip-Effekt
Die Wissenschaftler beobachteten während ihrer Untersuchungen besonders den sogenannten Stick-Slip-Effekt, bei dem die Unterschiede in der Steifigkeit besonders zutage treten. Damit ist die durch abwechselndes Haften und Gleiten hervorgerufene ruckartige Bewegung gemeint. Im Alltag kann man dieses Phänomen beispielsweise erfahren, wenn man mit der Hand über einen Luftballon streicht. „In der Natur begegnet uns der Stick-Slip-Effekt mitunter sehr großformatig und langsam“, erläutert der italienische Materialwissenschaftler von der Universität Jena. „Erdbeben beispielsweise funktionieren nach diesem Prinzip: Zwei Platten gleiten übereinander und geraten dabei mitunter ins Stocken, was Energie freisetzt, die Schwingungen verursachen können.“
Die neuen Erkenntnisse werden allerdings vor allem in kleineren Dimensionen zum Tragen kommen. Beispielsweise beeinträchtigt Reibung die Funktionalität mikroelektronischer Systeme, deren Größe sich eher auf der Nanoskala bewegt, erheblich.
In Zukunft möchte Enrico Gnecco die Forschung auf diesem Gebiet weiter intensivieren. Seit vergangenem Jahr können auch die Jenaer Materialwissenschaftler mit einem eigenen Rasterkraftmikroskop solche Versuche durchführen. „Im Übrigen steht das Gerät in Kooperation mit der Universität auch anderen Einrichtungen und Unternehmen zur Verfügung“, informiert der Jenaer Experte.
Originalveröffentlichung
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