Leistungsschub für Permanentmagnete

Forschergruppe untersucht Struktur und Verhalten auf atomarer Ebene

07.07.2017 - Deutschland

Ein Forschungsteam an der TU Darmstadt hat auf atomarer Ebene untersucht, wie sich Veränderungen im Eisengehalt auf die Mikrostruktur von Samarium-Kobalt-Magneten auswirken. Die Ergebnisse wurden jetzt in „Nature Communications“ veröffentlicht und könnten langfristig zur Entwicklung von Permanentmagneten mit verbesserter Leistung genutzt werden. Solche Magnete finden sich beispielsweise in Mikrowellen, Gyroskopen oder Satelliten-Steuerungen.

RESPONSE

Atomar aufgelöste Z-Kontrast Falschfarbenabbildung eines represenativen Teils der Zr-reichen Plättchenphase.

Obwohl Samarium-Kobalt-Magnete (Sm2Co17-Magneten), eine Art von Seltenerd-Permanentmagneten, bereits in den frühen 1960er Jahren entdeckt wurden, wurde der ihren Eigenschaften zugrunde liegende Domänenwand-Pinning-Mechanismus lange nicht verstanden. Die Darmstädter Forscher konnten zeigen, dass der Eisengehalt die Ausbildung einer diamantförmigen Zellstruktur steuert, welche die Dichte und Stärke der Domänenwand-Pinning-Zentren und damit die Koerzitivfeldstärke, also gleichsam die „Widerstandskraft“ gegen Entmagnetisierung, dominiert. Durch die Verwendung eines aberrationskorrigierten Rastertransmissionselektronenmikroskops mit atomarer Auflösung in Kombination mit mikromagnetischen Simulationen konnten die Autoren der Veröffentlichung erstmals die Atomstruktur der einzelnen Phasen aufdecken sowie eine direkte Korrelation zu den makroskopischen magnetischen Eigenschaften herstellen. Im Hinblick auf zukünftige Entwicklungen kann dieses Wissen zur Herstellung von Samarium-Kobalt-Permanentmagneten mit verbesserter magnetischer Leistung angewendet werden.

Pinning-dominierte Permanentmagnete, die bei Temperaturen über 100 Grad Celsius stabil arbeiten können, steigern die Leistungsfähigkeit von magnetbasierten industriellen Anwendungen. Dazu gehören Mikrowellenröhren, Gyroskope und Beschleunigungsmesser, Reaktions- und Impulsräder zum Beispiel zur Steuerung und Stabilisierung von Satelliten, Magnetlagern, Sensoren und Aktoren. Sm2(Co, Fe, Cu, Zr)17 ist ein wichtiges industriell verwendetes Materialsystem, da es sowohl eine hohe Curie-Temperatur als auch eine hohe magnetokristalline Anisotropie besitzt. Im Gegensatz zu nukleationsgesteuerten Nd-Fe-B-basierten Permanentmagneten behält der Sm2Co17-Typ bei hohen Temperaturen seine hervorragenden magnetischen Eigenschaften bei.

Um hohe magnetische Leistungen zu erhalten, ist es zum einen notwendig, die Syntheseparameter bei der Herstellung präzise zu steuern und zum anderen die atomare Struktur und das Verhalten der beteiligten Phasen gründlich zu verstehen.

Eine höhere Sättigungsmagnetisierung, die durch einen erhöhten Eisengehalt erreicht wird, ist für die Erreichung größerer Energieprodukte in diesen Seltenerd-Permanentmagneten von wesentlicher Bedeutung. Das Darmstädter Forschungsteam entwickelte Sm2Co17-Modellmagneten mit einem erhöhten Eisengehalt. Eine chemische Modifikation durch Zugabe von Eisen, Kupfer und Zirconium erzeugt eine besondere Nanostruktur. Dr. Leopoldo Molina-Luna, der die Untersuchung als verantwortlicher Autor koordinierte, stellte die Forschungsergebnisse auf der „Nature Conference on Electron Microscopy for Materials – The Next Ten Years“ (24. bis 27. Mai) an der Zhejiang University in Hangzhou, China, vor.

Anschlussforschung für bessere Magnetleistung

Weitere Untersuchungen an der TU Darmstadt zu diesem Materialsystem werden temperaturabhängige Studien mit einem kürzlich erworbenen DENSsolutions mikroelektromechanischen System (MEMS) chip-basierten TEM In-situ-Halter beinhalten. Eine Vision der Wissenschaftler an der TU Darmstadt ist es, durch die Umsetzung dieses State-of-the-Art-Setups in Kombination mit fortschrittlichen Simulationstechniken die Mechanismen, welche zu einer verbesserten magnetischen Leistung bei Sm2Co17-basierten und verwandten Permanentmagneten führen, weiter zu untersuchen. Dies würde einen großen Durchbruch auf diesem Gebiet darstellen. Darüber hinaus sind spezielle ortsspezifische Elektronenenergieverlustmessungen in Zusammenarbeit mit Kollegen aus dem Beijing National Center für Elektronenmikroskopie geplant, welche den magnetischen chiralen Dichroismus als Basis für eine quantitative, lokale Bestimmung der Magneteigenschaften verwenden.

Die in „Nature Communications“ veröffentlichten Ergebnisse wurden im Rahmen des LOEWE-Forschungsschwerpunktes RESPONSE (Ressourcenschonende Permanentmagnete durch optimierte Nutzung Seltener Erden), der von Prof. Dr. Oliver Gutfleisch koordiniert wird, gewonnen. Der Schwerpunkt umfasst die Fachbereiche Material- und Geowissenschaften, Chemie und Maschinenbau und zielt darauf ab, den Einsatz von Seltenerd-Permanentmagneten zu optimieren.

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