Erstmals Reaktionen zwischen zwei Molekülen in Nanoreaktoren modelliert

07.08.2017 - Deutschland

Ein Theorie-Team aus dem HZB hat erstmals mathematisch beschrieben, wie zwei verschiedene Moleküle mit Hilfe von Nanoreaktoren miteinander reagieren. So genannte Nanoreaktoren sind winzige Systeme, die chemische Reaktionen beschleunigen, also wie ein Katalysator wirken. Die teilweise überraschenden Einsichten ermöglichen Vorhersagen, wie sich Reaktionen besser steuern lassen. Das Modell ist auf viele Forschungsfragen anwendbar, insbesondere auch auf Prozesse in Energiematerialien.

HZB

Skizze eines „Eierschalen-Nanoreaktors“: zwei Ausgangsmoleküle, A und B, diffundieren aus der Lösung durch die Reaktorhülle und reagieren am katalytischen Nanoteilchen (gelb) zum Produkt C.

In biologischen Organismen übernehmen oft Proteine oder Enzyme die Rolle von Nanoreaktoren. Doch im Labor lassen sich auch künstliche Nanoreaktoren herstellen. Eine wichtige Klasse dieser Nanoreaktoren ist wie ein Ei aufgebaut: ein katalytisch aktives metallisches Nanopartikel sitzt wie das Eigelb im Zentrum, umhüllt von einer Schale aus vernetzten Polymermolekülen. Solche Nanoreaktoren schaffen eine einzigartige Umgebung für die gewünschten Reaktionen.

Leistungsstarke Modellierung

“Wir haben erstmals mathematisch beschrieben, wie zwei Moleküle in solchen Nanoreaktoren transportiert werden, um miteinander zu reagieren. Dabei konnten wir auch erkennen, welche Faktoren die Reaktionsrate dabei am stärkten beeinflussen“, sagt Dr. Rafael Roa, der Erstautor der Studie und Postdoc in der Gruppe um Prof. Dr. Joe Dzubiella am HZB-Institut für Weiche Materie und Funktionale Materialien.

Es kommt vor allem auf die Schale an

Eine überraschende Einsicht war, dass die Durchlässigkeit der Schalen noch viel wichtiger ist, als bislang vermutet. Denn aus dem Modell ergibt sich ganz klar: über die Reaktionsrate entscheidet nicht die Konzentration der Ausgangstoffe in der Lösung, sondern vor allem, wie gut diese ganz individuell durch die Schale ins Innere des Nanoreaktors diffundieren. „Dies ist ein sehr interessantes Ergebnis, denn inzwischen lässt sich bei vielen künstlichen Nanoreaktoren die Durchlässigkeit hervorragend kontrollieren, sogar Schalten, zum Beispiel durch Veränderungen der Temperatur oder anderer Parameter“, betont Dr. Won Kyu Kim, Ko-Autor und ebenfalls Postdoc in der Gruppe um Dzubiella.

Aktivierung durch Sonnenlicht inklusive

Die neue Beschreibung ist ein großer Fortschritt im Vergleich zum etablierten Modell aus den 1940er Jahren, das nur die Reaktion von einer einzigen Molekülsorte im Nanoreaktor beschreibt. „Unser Modell schließt sogar Prozesse wie die Aktivierung von Molekülen im Nanoreaktor mit Sonnenlicht ein. Damit können wir auch Fragen der Energiematerial-Forschung bearbeiten“, fasst Joe Dzubiella zusammen. Mit dieser Arbeit hat er eines der Ziele erreicht, die er im Rahmen seines European Research Council Consolidator Grants (ERC-Grant 2015-2020) gesetzt hat.

Praxistest folgt

Die Theoriegruppe um Dzubiella will nun mit der HZB-Chemikerin Prof. Dr. Yan Lu zusammenarbeiten, die als Expertin für synthetische Nanoreaktoren gilt. „Wir verstehen jetzt sehr viel besser, was eigentlich geschieht. Dadurch können wir Voraussagen machen, wie sich die Prozesse in Nanoreaktoren steuern lassen, zum Beispiel um Reaktionen nach Bedarf zu starten oder zu stoppen“.

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