Nachhaltigkeit von Biokraftstoffen untersucht

Biokraftstoffe der ersten Generation ebenso nachhaltig wie die der zweiten Generation

18.09.2017 - Deutschland

Eine vom nova-Institut durchgeführte Nachhaltigkeitsstudie zeigt, dass Bioethanol der ersten Generation für eine tragfähige Klimastrategie ebenso vorteilhaft ist wie Bioethanol der zweiten Generation. Die Ergebnisse lassen erkennen, dass die systematische Diskriminierung von Biokraftstoffen der ersten Generation im derzeitigen Vorschlag der Kommission in keinster Weise wissenschaftlich begründbar ist. Es wäre daher kontraproduktiv, den Anteil von Kraftstoffen der ersten Generation im Energiemix der EU weiter zu reduzieren.

Erstmals wird die Studie am 26. September 2017 in Brüssel auf der internationalen Konferenz „Nachhaltiges Bioethanol der ersten und zweiten Generation für Europa – Chancen für Mensch, Erde und Wirtschaft” vorgestellt und diskutiert.

Zur Bewertung der Nachhaltigkeit von Bioethanol der ersten und zweiten Generation wurden zwölf Hauptkriterien ausgewählt. Die Auswahl der Kriterien beruhte auf den aktuellsten Normen und Zertifizierungssystemen für biobasierte Kraft- und Werkstoffe einschließlich einer breiten Palette an ökologischen, sozialen und wirtschaftlichen Aspekten. Wegen des anhaltenden Vorwurfs, Biokraftstoffe der ersten Generation gefährdeten die Ernährungssicherheit, wurde auf diesen Faktor besonderes Augenmerk gelegt.

Die Analyse der zwölf verschiedenen Nachhaltigkeitskriterien zeigt, dass alle untersuchten Rohstoffe in Bezug auf ihre Nachhaltigkeit klare Stärken, aber auch gewisse Schwächen aufweisen:

Alle Rohstoffe bewirken eine beträchtliche Reduktion von Treibhausgasemissionen (THG). Zwar schneiden Kraftstoffe der zweiten Generation in dieser Beziehung besser ab, doch dieser Effekt relativiert sich deutlich, wenn man ihn mit den Vermeidungskosten verrechnet. Die Reduzierung von THG-Emissionen mit Biokraftstoffen der zweiten Generation ist ein vergleichsweise teurer Weg zur Abmilderung des Klimawandels.

Betrachtet man den oftmals kritisierten Aspekt der negativen Auswirkungen von Biokraftstoffen der ersten Generation auf die Ernährungssicherheit, so deuten die Erkenntnisse tatsächlich in genau die gegenteilige Richtung. Die Konkurrenz um Ackerland wird ausgeglichen durch die hervorragende Flächeneffizienz von Energiepflanzen der ersten Generation (vor allem der Zuckerrübe) sowie das Vorhandensein proteinhaltiger Nebenprodukte (vor allem bei Weizen und Mais). In diesem Zusammenhang stellt die Nutzung von Kurzumtriebsplantagen (KUP) für Biokraftstoffe eine viel größere Konkurrenz für das Ackerland dar, da hierfür viel mehr Anbaufläche aufgewandt werden muss und keine proteinhaltigen Nebenprodukte anfallen.

Die Ergebnisse zeigen deutlich, dass die systematische Diskriminierung von Biokraftstoffen der ersten Generation im derzeitigen Vorschlag der Kommission in keinster Weise wissenschaftlich begründbar ist.

Auf dem Weg zu einem klimafreundlichen Europa bieten Biokraftstoffe aus allen Rohstoffen Vorteile in Bezug auf die Verringerung der Treibhausgasemissionen und sollten gleichermaßen Teil einer tragfähigen Übergangsstrategie hin zu einer emissionsarmen Mobilität sein, solange sie den Nachhaltigkeitskriterien entsprechen.

Die Autoren empfehlen, die bestehenden 7% für aus Nahrungspflanzen gewonnene Kraftstoffe beizubehalten und unter RED II den Anteil von Brennstoffen der ersten Generation nicht noch weiter zu verringern.

Der Bericht analysiert die Stärken und Schwächen aller Rohstoffe für die Produktion von Bioethanol anhand von Kriterien wie deren Treibhausgasbilanz, Treibhausgasvermeidungskosten, Flächeneffizienz, Ernährungssicherheit, eiweißhaltige Nebenprodukte, Beschäftigung, ländliche Entwicklung, Existenzsicherung von Landwirten und Forstarbeitern, direkte und indirekte Risiken der Landnutzungsänderung (LUC / iLUC), Logistik, Infrastruktur, Verfügbarkeit, Nachverfolgbarkeit, gesellschaftliche Auswirkungen, Artenvielfalt sowie die Qualität von Luft und Boden. Die Ergebnisse für die einzelnen Pflanzengruppen lassen sich wie folgt zusammenfassen:

Zuckerpflanzen

Die größte Stärke von Zuckerrohr und Zuckerrübe ist ihre außerordentlich hohe Flächeneffizienz. Aus keiner anderen Biomasse lässt sich so viel Bioethanol pro Hektar gewinnen. Hohe Reduktion von Treibhausgasemissionen und vor allem die niedrigsten Treibhausgasvermeidungskosten sind weitere Vorteile. Infrastruktur und Logistik sind in diesem Bereich gut entwickelt, und die Nebenprodukte werden als Futtermittel verwendet. Die größten Nachteile sind die Auswirkungen der intensiven Landwirtschaft auf die Artenvielfalt, Wasser, Luft und Boden – wegen der hohen Flächeneffizienz jedoch sind diese Auswirkungen örtlich begrenzt.

Stärkepflanzen

Der Hauptvorteil der Stärkepflanzen liegt in ihren proteinhaltigen Nebenprodukten, die einen hohen Wert als Futtermittel haben. Die Flächeneffizienz ist geringer als bei den Zuckerpflanzen, aber höher als bei Holz. Die Reduzierung von Treibhausgasemissionen fällt geringer aus als bei anderen Arten von Biomasse, doch dies ist nur die halbe Wahrheit, was zu einem großen Teil an den besonderen Ökobilanzstandards liegt, die in der Erneuerbare-Energien-Richtlinie angesetzt werden. Infrastruktur und Logistik sind für Stärkepflanzen gut entwickelt. Die größten Nachteile sind die Auswirkungen auf Wasser, Luft und Boden sowie auf die Artenvielfalt, die aufgrund der intensiven Landwirtschaft entstehen.

Frischholz und Kurzumtriebsplantagen

Der größte Vorteil in der Verwendung von Holz als Rohstoff für die Treibstoffgewinnung liegt in der geringen Konkurrenz zum Ackerland und somit im Fehlen von direkten oder indirekten Risiken der Landnutzungsänderung (LUC / iLUC). Für Kurzumtriebsplantagen (KUP) trifft dies allerdings nur dann zu, wenn sie nicht auf Ackerland eingerichtet werden. Für Holz sind Infrastruktur und Logistik gut entwickelt; bei den KUP ist dies weniger der Fall. Die Reduktion der Treibhausgasemissionen liegt im selben Bereich wie bei Zuckerpflanzen, aber die Treibhausgasvermeidungskosten sind hier viel höher. Hauptsächliche Nachteile in diesem Bereich sind die überaus geringe Flächenproduktivität und die fehlenden Nebenprodukte für den Futtermittelmarkt.

Abfall- und Reststoffe

Die wesentliche Stärke der Verwertung von Abfall- und Reststoffen zur Brennstoffgewinnung liegt in der höchsten Reduzierung von Treibhausgasemissionen aller verglichenen Gruppen – die zum Teil auf die in der Erneuerbare-Energien-Richtlinie angewandten besonderen Ökobilanzstandards zurückzuführen ist – sowie in den geringsten Auswirkungen auf die Artenvielfalt sowie Wasser, Luft und Boden. Die größten Nachteile finden sich in den hohen Treibhausgasvermeidungskosten, einer kaum entwickelten Infrastruktur und Logistik, geringer Nachverfolgbarkeit und vor allem in der begrenzten Verfügbarkeit.

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