Linde überspringt die 60-Prozent-Hürde für Praxair-Fusion
Jetzt bleiben nur noch zwei Hindernisse
(dpa) Der Industriegasekonzern Linde hat eine wichtige Hürde auf dem Weg zur Fusion mit dem US-Konkurrenten Praxair genommen: Bis Dienstag wurden 64,5 Prozent der alten Linde-Aktien zum Umtausch in Aktien des fusionierten neuen Linde-Konzerns eingereicht, wie beide Unternehmen mitteilten. Damit wurde die erst am Vortag um zwei Wochen verlängerte und auf 60 Prozent gesenkte Mindestannahmequote auf Anhieb erfüllt.
Linde und Praxair hatten den Zusammenschluss im Juni besiegelt. Als neuer Weltmarktführer für Industriegase mit 66 Milliarden Euro Börsenwert, 80.000 Mitarbeitern und 27 Milliarden Euro Umsatz erhofft sich der künftig von Praxair-Chef Steve Angel in den USA geführte neue Konzern Synergien von mehr als 1 Milliarde Euro. Die IG Metall befürchtet den Verlust von Arbeitsplätzen und Mitbestimmungsrechten.
Allerdings steht die Zustimmung der Kartellbehörden noch aus. Und die Fusion steht laut Linde auch auf der Kippe, wenn die für einen Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag notwendige Umtauschquote von 75 Prozent der Linde-Aktien letztlich nicht erreicht werden würde. Denn dann drohten auch höhere Steuern, und die Fusion würde wahrscheinlich platzen, sagte ein Linde-Sprecher. Linde und Praxair erwarteten aber, dass «alle relevanten Schwellenwerte erreicht werden und der Zusammenschluss in der zweiten Hälfte 2018 vollzogen wird».
Die Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) will die Aktionärsrechte bei der Fusion nachträglich noch mit einer Feststellungsklage klären. «Wir sind davon überzeugt, dass eine Entscheidung von einer solchen Tragweite den Aktionären im Rahmen einer Hauptversammlung zur Abstimmung hätte vorgelegt werden müssen», sagte DSW-Vizepräsidentin Daniela Bergdolt am Dienstag in München. Die Klage könne die Fusion aber nicht stoppen: «Das ist auch nicht unser Ziel», betonte sie.
Mit der Klage beim Landgericht München wolle der Anlegerschutzverein die Rechtslage klären lassen, damit die Mitsprache der Aktionäre in künftigen Fällen nicht ausgehebelt werde. Bei der Linde-Praxair-Fusion kämen allenfalls noch Schadenersatzansprüche gegen Vorstände in Betracht, an der Fusion würde sich aber nichts mehr ändern.
Linde-Aufsichtsratschef Wolfgang Reitzle und Vorstandschef Aldo Belloni hatten Bergdolts Forderung auf der Hauptversammlung im Mai zurückgewiesen: Ein förmlicher Beschluss der Hauptversammlung sei vom Aktienrecht nicht vorgeschrieben und wegen möglicher langwieriger Anfechtungsklagen riskant. Jeder Linde-Aktionär könne selbst entscheiden, ob er seine Aktien in Anteile des neuen Konzerns tauschen wolle.
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