Aus Holz wird Hightech

Drei Start-ups gegründet

09.11.2017 - Schweiz

Holz ist gemäss Erkenntnissen des Nationalen Forschungsprogramms "Ressource Holz" geeignet, Erdöl in der Chemie und Beton in der Bauindustrie zu ersetzen. Die Forschungsarbeiten zeigen auf, wie man aus Holz wertvolle chemische Verbindungen gewinnen, seine Eignung als Baumaterial verbessern und wie die Bewirtschaftung von Wäldern optimiert werden kann.

Sarah_Loetscher, pixabay.com, CC0

Symbolbild

Holz ist mehr als ein traditionelles Material: Als High-Tech-Komponente sowie als Rohstoff für die Chemie weist es ein grosses Innovationspotenzial auf. Zu diesem Schluss kommt das Nationale Forschungsprogramm "Ressource Holz" (NFP 66) nach fünfjähriger Laufzeit.

In Forschungsarbeiten wurden auch neue Bautechniken entwickelt und die Bewirtschaftung der Schweizer Wälder analysiert. "Wer sich mit einem Rohstoff wie Holz befasst, braucht eine ganzheitliche und integrierende Herangehensweise", erklärt Martin Riediker, Präsident der Leitungsgruppe des NFP 66. "So ist es uns gelungen, eine Gesamtsicht zu erlangen und zahlreiche vielversprechende Ansätze zur besseren Nutzung des Potenzials von Holz zu identifizieren. Der Innovation kommt hierbei eine entscheidende Rolle zu."

Holz als Erdölersatz

Die organische Chemie stützt sich in erster Linie auf Erdöl und Kohle und muss sich auf die Endlichkeit der fossilen Ressourcen einstellen. Pflanzliche Biomasse stellt eine realistische Alternative dar, wie eine Reihe von Projekten des NFP 66 belegt. Verschiedene Teams an der EPFL, der ETH Zürich und der Fachhochschule Nordwestschweiz (FHNW) haben neue Verfahren entwickelt, um die Hauptbestandteile des Holzes – Zellulose und Lignin – in aromatische Verbindungen und andere wichtige Zwischenprodukte für die chemische Industrie umzuwandeln. Sviatlana Siankevich von der EPFL hat das Start-up-Unternehmen Embion mitgegründet, um die neuen Erkenntnisse zu kommerzialisieren.

Die Projekte des NFP 66 spannen einen Bogen von der Grundlagenforschung bis zur Anwendung. Michael Studer von der Berner Fachhochschule gelang es, den Fermentationsprozess von Buchenholz zu verbessern und so den handelsüblichen Treibstoff Ethanol herzustellen. In Zusammenarbeit mit einem Industriepartner und einem Holzlieferanten ist der Bau einer ersten Pilotanlage im Kanton Jura im Gespräch. François Maréchal von der EPFL hat ein IT-Tool entwickelt, um die Auslegung von Bioraffinerien optimal zu planen. Tilman Schildhauer hat am PSI mit einem numerischen Modell die Produktion von Biomethan optimiert.

Holz – traditionell und innovativ

"Holz hat eine Zukunft, wenn es sich neu erfindet", so Martin Riediker. "Es wird als nobles Material geschätzt, wir müssen jedoch sein Innovationspotenzial als Hightech-Komponente besser nutzen" Ingo Burgert von der ETH Zürich hat es geschafft, in die Zellwände des Holzes ein Polymer einzubringen, das den Werkstoff wasserabweisender und stabiler macht; seine Mitarbeitenden haben das Start-up-Unternehmen Swiss Wood Solution gegründet, um neue holzbasierte Materialien zu vermarkten. Ein von Christoph Weder am Adolphe Merkle Institut der Universität Freiburg geleitetes Projekt befasste sich mit dem umgekehrten Vorgang und brachte aus Bäumen extrahierte Zellulose in Polymere ein, um ihre mechanischen Eigenschaften zu verbessern.

Heiko Thoemen von der Berner Fachhochschule verbesserte die Herstellungsprozesse von Holzplatten mit einem Schaumkern, wie sie häufig in vorgefertigten Möbelteilen zum Selbstaufbau Anwendung finden. Daia Zwicky von der Hochschule für Technik und Architektur Freiburg hat mit dem teilweisen Ersatz von Sand durch Sägemehl einen äusserst leichten Beton entwickelt.

Das Programm legte grossen Wert auf den Wissens- und Technologie-transfer zwischen Forschung, Industrie und Behörden, unter anderem mit der Durchführung von 17 themenspezifischen Workshops. Das Resultat lässt sich sehen: intensiver Wissenstransfer mit über 200 externen Berufsfachleuten, Gründung von drei Start-ups und zahlreiche Absichtserklärungen zur weiteren Zusammenarbeit in Forschung und Entwicklung.

Zu den zentralen Empfehlungen des NFP 66 gehört die Schaffung eines "Kompetenzzentrums Bioraffinerie" sowie eines "Technikum Holzinnovationen Schweiz". Gefordert wird auch eine Schweizer Bioökonomiestrategie, in welcher die Ressource Holz ihren gebührenden Platz einnehmen soll.

"Die Nutzung der Wälder ist aus Umweltschutzgründen und Gründen der Biodiversität sinnvoll: So lässt sich CO2 auf Jahrzehnte binden, was den Treibhauseffekt verringert", so Martin Riediker. "Wir haben eine sehr emotionale, um nicht zu sagen intime Beziehung zu Holz. Antike Möbel sind aus Holz; die Chalets, in denen wir unsere Kindheit verbracht haben, ebenfalls. Aber Holz ist weit mehr. Die Schweiz verfügt über umfangreiches Know-how in den Bereichen Bau und Innovation. Um diesen natürlichen und erneuerbaren Rohstoff möglichst optimal zu nutzen, müssen sich die Akteure aber zusammenraufen."

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